Iranisch-deutsche Geschichten – Nassir Djafari
Heimat versus Freiheit: Seit Jahrzehnten flüchten Menschen aus dem Iran nach Deutschland. Der Schriftsteller Nassir Djafari erzählt die Geschichten dazu. Außerdem wirft er einen Blick auf Gesellschaft und Politik im Iran und auf die Optionen der Zukunft.
Der Schriftsteller Nassir Djafari, geboren 1952, ist als Kind mit zwei Brüdern und den Eltern aus dem Iran nach Deutschland eingewandert. Die Familie war vor der Diktatur des Schah-Regimes geflüchtet. Nach 70 Jahren ist Djafari viel mehr "Deutscher" als "Iraner". Er unterhält aber vielfältige Kontakte in den Iran und zur Exil-Community. Er ist häufig ins Land gereist – bis es vor einigen Jahren zu gefährlich wurde.
Heute noch treiben ihn nicht bloß die Erlebnisse der anderen, sondern auch die eigenen migrantischen Wurzeln um; davon zeugen seine Bücher. Nassir Djafari hat ein Berufsleben lang als Volkswirt in Projekten der Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet und das Schreiben erst im angehenden Rentenalter für sich entdeckt.
Gerade ist sein dritter Roman erschienen: "Der Großcousin". In dem Buch konfrontiert Djafari einen älteren, komplett assimilierten, beruflich erfolgreichen Erzähler mit einem jungen Verwandten, der ganz frisch geflüchtet ist – und den älteren mit seinen anderen Vorstellungen und Ideen zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte zwingt.
Ein Blick auf die deutsche sowie einer auf die iranische Gesellschaft also. Er wollte, sagt Djafari, nicht "vom ganz großen Horror" im Iran erzählen, sondern davon, wie das Mullah-Regime das Leben bis in den Alltag hinein beherrscht – mit ökonomischer Perspektivlosigkeit, aber auch unerbittlicher Reglementierung der Liebe selbst im privatesten Bereich.
Redaktion: Moritz Folk
Buchtipp
Nassir Djafari (2024): Der Großcousin. Bremen: Sujet Verlag, 2024. 255 Seiten. 19,80 €. ISBN: 978-3-96202-136-8.