Michael Barenboim – Kann Musik Frieden stiften?
Vor 25 Jahren gründeten Daniel Barenboim und Edward Said ein Orchester mit Musiker:innen aus Israel, Palästina und anderen arabischen Ländern. Die Situation im Nahen Osten überschattet das Jubiläum. Aber für Michael Barenboim, Sohn des Gründers, ist die Friedensvision wichtiger denn je.
Daniel Barenboim besitzt als einziger Mensch weltweit eine israelische Staatsbürgerschaft und eine palästinensische Ehrenbürgerschaft. Für ihn und seinen Freund, den palästinensischen Literaturkritiker Edward Said, war die Gründung des West Eastern Divan Orchestras (WEDO) 1999 eine Herzensangelegenheit. Sie verbanden damit den Wunsch, dass Musik vielleicht einen Beitrag leisten könne zur Aussöhnung im Nahen Osten. Zwar hat es seitdem nur ein einziges Konzert des Orchesters in der Krisenregion gegeben, 2005 in Ramallah. Aber der Ruf als außergewöhnlicher Klangkörper und der gelebte humanistische Geist aller Beteiligten führten das Orchester rund um die Welt – mit Auftritten in Marokko, Katar und Abu Dhabi ebenso wie in Buenos Aires, New York oder London.
Michael Barenboim ist Konzertmeister beim WEDO und Dekan der 2015 gegründeten Barenboim-Said-Akademie. Wie sein Vater Daniel hofft auch er, dass eines Tages ein Auftritt des Orchesters in den Heimatländern aller beteiligten Musikerinnen und Musiker möglich werden könnte. Die aktuelle Situation im Nahen Osten hat diesen Wunsch in weite Ferne rücken lassen. Und doch ist, was exemplarisch innerhalb des Orchesters geschieht, für Michael Barenboim die einzige Antwort zum politischen Geschehen: die Brille des Kriegs ausziehen, einander zuhören, miteinander ins Gespräch finden, Unwissenheit durch Bildung, Wissen und Verständnis ersetzen.
Redaktion: Chris Hulin