Die bewegte Geschichte von Föhrenwald ist erst durch Eva Greif wieder ans Licht gekommen. Die Wolfratshausener Geschichtslehrerin entdeckte beim Renovieren unter der Tapete einen großen Davidstern und hebräische Schriftzeichen. Wie konnte das sein? Zusammen mit ihrer Tochter löste sie das Rätsel: In dem Ortsteil, der heute Waldram heißt, hatten zwischen 1945 und 1957 tausende jüdische Menschen gelebt, die den Holocaust überstanden hatten. Es gab eine jüdische Infrastruktur, eine Thora-Schule, eine Synagoge, ein Badehaus. Dieses Gebäude ist heute noch erhalten; mittlerweile wurde dort auch eine Gedenkstätte eingerichtet. Dank des Engagements von Eva Greif – die Behörden waren an dieser "Erinnerung" wohl erst einmal nicht so dringend interessiert.
Wie kann es sein, dass eine solche Geschichte derart in Vergessenheit gerät? Warum hat niemand darüber gesprochen? Das wollte der Journalist Alois Berger wissen, der selbst in Wolfratshausen aufgewachsen ist. "Ihr langes Schweigen hatte viele Facetten: Angst, gesellschaftlicher Druck, oft einfach nur Sprachlosigkeit und fehlende Neugier", sagt Alois Berger. Der langjährige taz-Europakorrespondent hat für seine Recherche mit den Wolfratshausenern gesprochen, aber auch mit jüdischen Menschen, die damals in Föhrenwald lebten. So konnte er die Geschichte von Föhrenwald auch anhand von Lebensläufen rekonstruieren, die quer durch Deutschland, aber auch in die USA und Israel führen. In Föhrenwald, sagt er, spiegeln sich nicht nur die regionale und die deutsche, sondern letztlich auch die internationale Zeitgeschichte.
Buchtipp:
Alois Berger (2023): Föhrenwald, das vergessene Schtetl: Ein verdrängtes Kapitel deutsch-jüdischer Nachkriegsgeschichte. Piper Verlag. 240 Seiten. 24 Euro. ISBN: 978-3-492-07106-2
Redaktion: Barbara Geschwinde
