Die griechische Insel Lesbos beherrschte lange Zeit die Schlagzeilen. Grund war Moria, das größte Flüchtlingslager, das jemals in Europa existierte. Von 2015 bis 2022 war die Traumaexpertin Katrin Glatz Brubakk aus Trondheim zwölfmal auf Lesbos, mal ein paar Wochen, mal ein halbes Jahr. Zuletzt arbeitete die deutsch-norwegische Kinderpsychologin in "Moria 2.0", dem Übergangslager Kara Tepe II. Der Nachfolger des 2020 abgebrannten Camps Moria ist inzwischen ein Hochsicherheitslager.
Ein Drittel der Menschen, die aktuell in Kara Tepe II leben – bei den Behörden heißt das Lager offiziell Mavrovouni –, sind Kinder. Deren Leid hat für Katrin Glatz Brubakk noch einmal eine andere Dimension. Panikattacken, Albträume, schwere Depressionen bis hin zu Suizidversuchen von Kindern hätten zuletzt zugenommen.
Die Traumaexpertin nennt es "Diagnose Moria", wenn Kinder, die jahrelang in großer Unsicherheit leben, nicht lernen können, ihre Gefühle zu regulieren. Katrin Glatz Brubakk will die Debatte über die europäische Flüchtlingskrise wieder neu eröffnen.
Buchtipp
Katrin Glatz Brubakk und Guro Kulset Merakerås (2024): Inside Moria. Europas Verrat an Moral und Menschlichkeit. Neu-Isenburg: Westend Verlag. 367 Seiten. 26 Euro. ISBN 978-3864894367.
Redaktion: Julian Troost