Über Zögern, Handeln und Verbundenheit – Franz Müntefering
Eng verbunden mit NRW, weit gekommen in der SPD-Spitzenpolitik als Bundesminister, Vizekanzler, Parteichef, Fraktionschef: Franz Müntefering ist ein Mann der Tat. Doch wann ist Handeln, wann Zögern angesagt? Ein Gespräch über das Sauerland und ein Leben als sozialdemokratisches Urgestein.
Tägliches Fußballtraining, Lebensmittelkarten, die letzten Krümel Zucker aus der Tüte knabbern: Franz Müntefering erinnert sich an seine Kindheit im sauerländischen Sundern. Und wie ihn ein Kino in die Kommunalpolitik brachte. Das ist lange her – heute ist der SPD-Mann 84 Jahre alt und lebt mit seiner Frau in Herne und Berlin. Gerhard Schröder, Helmut Kohl, Angela Merkel: Sie alle kennt er persönlich. Franz Müntefering hat es aus einem CDU-geprägten Ort im Sauerland in die Spitzenpolitik geschafft, im Hintergrund viele Fäden gezogen. Über Jahrzehnte. Wolfgang Schäuble, mit dem Müntefering damals noch in Bonn im Fußballteam des Bundestages kickte, meinte über ihn: "Der Franz war immer ein guter Mensch, das zeigt sich politisch und privat". Und Freunde und Kollegen sagen dem SPDler nach, immer ein äußerst feines Näschen für die Themen der aktuellen Zeit zu haben.
"Nur weil man Rentner ist gibt man nicht die Verantwortung ab. Die Demokratie hat keinen Schaukelstuhl", sagt der Sozialdemokrat selbst. Seine 40 Jahre jüngere Frau Michelle könne sich sowieso nicht vorstellen, dass er mal gar nichts mehr mache. Dennoch tritt Franz Müntefering jetzt etwas kürzer, die jüngste Herz-OP im Januar fordert Ruhe. Mails hat der Sauerländer sowieso nie gerne geschrieben. Und auch sein neues Buch "Nimm das Leben wie es ist. Aber lass es nicht so" ist auf der Schreibmaschine entstanden. Die Sprache der Kapitel ist in gewohnter Müntefering-Manier: kurz und knapp, prägnant, während er die Themen der Zeit anspricht. Und auffällig oft sind die Worte "noch ist Zeit" einbaut. Er schreibt in Reimen und sagt, warum es jetzt essenziell ist, bei den wichtigen Themen unserer Zeit zu handeln. Und wann es richtig ist, zu zögern.
Redaktion: Beate Wolff