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Der Tag um sechs
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Beutetürken – Die muslimischen Vorfahren der Deutschen

Stand: 24.07.2020, 11:50 Uhr

Beutetürken nennt die Forschung Kinder, die in den Osmanen Kriegen des 17. und 18. Jahrhunderts nach Deutschland verschleppt wurden.  Spuren dieser Schicksale gibt es bis heute.

Fatima, Osman, Aly – Manche Kirchenbücher sind gespickt mit solchen Namen. Sie bergen Geschichten von großem Leid, aber auch von Hoffnung. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden tausende muslimische und türkische Kinder ihren Eltern geraubt und nach Deutschland verschleppt. Es herrschte Krieg und man war auf Beute aus. Die Kinder wurden an Adelshöfe verkauft, mussten sich als Diener der Reichen verdingen oder wurden von deutschen Familien als exotische Zöglinge aufgenommen. Der Historiker Harmut Heller hat diese Schicksale erforscht und die Kinder "Beutetürken" genannt, die durch öffentliche Zwangstaufen zur Attraktion wurden, aber auch zu geachteten Mitgliedern der Gesellschaft. Manche zerbrachen an ihrem Schicksal und suchten Schutz in Klöstern, manche wurden Handwerker, Pfarrer oder Bürgermeister.

Ihre Geschichten wurden vergessen, da ihre Namen geändert und ihre Herkunft verschwiegen wurde. Die Spuren der Beutetürken sind jedoch auffindbar, wie in Wasserburg, nahe München, wo 300 Kinder auf einen langen Fußmarsch geschickt wurden, dessen Route man heute erwandern kann.

Autorin: Ayşegül Acevit

Redaktion: Christina-Maria Purkert

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