Züge haben die Literatur inspiriert, sind selbst zum Ort von Romanen und Erzählungen geworden, bei Dostojewski, Agatha Christie, John dos Passos, bis Michael Ende, Sten Nadolny und jetzt Anna Albinus.
In "Chalupki" erzählt die Autorin Anna Albinus von einer Nachtzugbegleiterin auf der Strecke Wien-Berlin. Die Begegnung mit einer jungen, schwangeren Frau wird zum Auslöser von Erinnerungen. Allmählich entsteht ein fragmentarisches Bild von der Protagonistin: dass sie aus Mossul stammt, früher Krankenschwester war, als Geflüchtete nach Wien kam. Dass sie mit Boris, dem anderen Zugbegleiter, eine Liebesaffäre hat. Erinnerungen und die Ereignisse im Nachtzug werden miteinander verwoben - eine Reise nach Rom, ein Auto-Unfall, vertrauliche, komische, rätselhafte Begegnungen mit Zuggästen.
Dunkel, zerbrechlich klingt Sprecherin Marit Beyer, und entfaltet mit ihrer Lesung eine unwiderstehliche Sogwirkung über zwei Stunden. Sie schafft einen faszinierenden Zustand zwischen Schlafen und Wachen, Bewegung und Stillstand.
Eine Rezension von Christian Kosfeld
Hörbuchangaben:
Anna Albinus: Chalupki
Gelesen von Marit Beyer
Ungekürzte Lesung der Buchausgabe des edition fotoTAPETA Verlags
Mit Musik von Frédéric Chopin
Der Diwan, Spielzeit 142 Minuten, 18 Euro
