Autorin im Gespräch
Helgard Haug über "All right. Good night"
Stand: 04.08.2023, 17:54 Uhr
Ein Flugzeug verschwindet vom Himmel, ein Mensch verliert sich in seiner Demenz - zwei reale Begebenheiten verflicht Helgard Haug in ihrem Romandebüt "All Right. Good Night". Ein schmerzhaft intensives Buch über das Verschwinden.
Ein Vater schreibt viermal eine Postkarte mit identischem Inhalt, hält zweimal dieselbe Geburtstagsrede. Bald ist es nicht mehr zu leugnen: Er ist an Demenz erkrankt. Anderer Schauplatz: Ein Mann schreibt seiner Frau und seinen Kindern drei Jahre lang täglich eine sms. Er will nicht wahrhaben, dass seine Familie bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. Denn das Flugzeug wurde nie gefunden. Zwei Geschichten, die eines eint: Sie handeln vom Verschwinden von Menschen.
Die Autorin und Regisseurin Helgard Haug verknüpft in ihrem Roman zwei wahre Begebenheiten: die persönlich-autobiografische Geschichte ihres Vaters, dessen Identität sich Stück für Stück auflöst. Und die des Flugzeugs MH 370, das 2014 auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking plötzlich nicht mehr vom Radar erfasst werden kann - ein Rätsel, das bis heute ungelöst ist.
Es ist der erste Roman der bislang vor allem für ihre preisgekrönte Theaterarbeit mit dem Performance-Kollektiv Rimini Protokoll bekannt gewordenen Helgard Haug. Ein schmerzhaft intensiver Text, dem eine aufwändige Recherche voraus ging. Am Ende bleibt die Frage: Wie verkraften wir kaum begreifbare Verluste?
Eine Rezension von Nicole Strecker
Literaturangaben:
Helgard Haug: All right. Good Night
Rowohlt Verlag, 160 Seiten, 22 Euro
