Aktuelle Lyrik
"Herz Rhythmus Störungen" von Yara Nakahanda Monteiro
Stand: 31.10.2024, 12:47 Uhr
Ein äußerst gelungenes Debüt kommt von der angolanisch-portugiesischen Dichterin Yara Nakahanda Monteiro. 34 Gedichte, die es in sich haben. Kathrin Baumhöfer liest daraus "Brief an die Heilige Frau von Muxima"
Yara Nakahanda Monteiro wurde 1979 in Angola geboren und kam als Kind nach Portugal, das bis 1975 als brutale Kolonialmacht über Angola geherrscht hatte. Nach verschiedenen Stationen in Portugal und einer Ausbildung in Personalmanagement hat Yara Monteiro in diversen Ländern gelebt, u.a. in Brasilien. Dort fasste sie den Entschluss, ihren festen Job aufzugeben, um sich fortan nur mit dem Schreiben von Literatur zu beschäftigen.
Bisher war von Yara Monteiro im deutschsprachigen Raum lediglich ein Roman von ihr erschienen, "Schwerkraft der Tränen", der 2022 auf den Markt kam. Dieser Roman erzählt die Geschichte einer jungen Angolanerin, die wie die Autorin selber nach Portugal gekommen ist. Dort lässt sie eine bevorstehende Heirat sein, um nach Angola zurückzukehren und da nach den Spuren ihrer Mutter zu suchen, die als Kämpferin gegen die portugiesische Kolonialherrschaft ihr Kind zu den Großeltern gegeben hatte.
Diese Geschichte nimmt thematisch schon so einiges vorweg von dem, was uns auch in ihrem Gedichtband "Herz Rhythmus Störungen" begegnet: Die Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft, ihrer Auswanderung bzw. der Tatsache, dass Sie mehr oder weniger "ausgewandert wurde" und dem Neuland in Portugal. Und, zentral, die Entdeckung plus Realisierung ihrer Unabhängigkeit als Frau. In diesem Raum siedeln die Gedichte von Yara Monteiro.
Im Gedicht "Brief an die Heilige Frau von Muxima" lässt Yara Monteireo eine Frau verzweifelt beten: "Nur noch schwarz tragen und durch die Straßen ziehen als Gefangene / dieses Weißen, den sie 'meinen Ehemann' nennen. / Denn mein Name ist nicht mein Geschick./ Wenn es dir gegeben ist, Liebe Heilige lass ihn sich nicht mehr auf meinen Körper legen."
Da ist der Mann Kolonialherr und Vergewaltiger, ein Bild, das keineswegs übertrieben ist. Wer Schilderungen von brutalen Kolonialregimen kennt, weiß, dass nicht nur die ökonomische Ausbeutung zum gängigen Handwerkszeug der Herrschenden gehörte, sondern auch die sexuelle Ausbeutung und Degradierung von Frauen.
Yara Nakahanda Monteiros Gedichte sind in ihrer durchaus behutsamen Sprache, und mit ihren eindringlichen Bildern, die ihre Wurzeln auch in der oralen afrikanischen Erzähl-Tradition ihres Ursprungslandes haben, ein stahlhartes Statement für Unabhängigkeit und Selbstbehauptung in jeder Form. "Herz Rhythmus Störungen" ist das starke Werk einer Autorin, von der wir hoffentlich bald noch mehr hören werden.
Eine Rezension von Matthias Ehlers
Literaturangaben:
Yara Nakahanda Monteiro: Herz Rhythmus Störungen. Gedichte
Aus dem Portugiesischen von Michael Kegler
Haymon Verlag 2024
112 Seiten, 22,90 Euro