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Buchcover: "Es war nicht die Zeit" von Kito Lorenc

Aktuelle Lyrik

"Es war nicht die Zeit" von Kito Lorenc

Stand: 15.06.2023, 20:51 Uhr

Wohl kein deutscher Dichter hat sich um die sorbische Kultur und Sprache ähnlich verdient gemacht. Jetzt gibt es einen neuen Band von Gedichten des 2017 gestorbenen Poeten Kito Lorenc.

Kito Lorenc wurde 1938 in Schleife im sächsischen Landkreis Görlitz geboren und war ein sorbisch-deutscher Schriftsteller, Lyriker und Übersetzer. Außerdem ein Enkel des sorbischen Schriftstellers Jakub Lorenc-Zalěski. Die Entscheidung von Kito Lorenc, sich zu der slawischen Minderheit der Sorben in der DDR zu bekennen, war eine bewusste.

Wer denkt, dies wäre ein subversiver Akt in der DDR gewesen, liegt falsch. Die Sorben, oder auch Wenden genannt , waren in der DDR eine anerkannte Minderheit mit zugestandenen Minoritätsrechten. Lorenc schrieb auf Sorbisch und auf Deutsch, was er einmal mit dem Bild beschrieb, von zwei starken Ästen die aus einem Baum wachsen.

Die von Michael Krüger für "Es war nicht die Zeit" ausgewählten Gedichte sind hier und da schon im umfangreichen Werk von Lorenc erschienen oder stammen aus dem Nachlass. Kito Lorenc hat Gedichte auf Deutsch und auf Sorbisch geschrieben und so finden sich im vorliegenden Band auch von anderen verfasste Übersetzungen bzw. Nachdichtungen, wenn das Gedicht nur auf Sorbisch zu haben war.

Michael Krüger schreibt dazu im erhellenden Nachwort über Lorenc: "..er ist, gerade auch in seinem zweisprachigen Schaffen, der Dichter des Sorbischen, der sein Dichten auch der Aufgabe gewidmet hat, die Besonderheiten dieser Sprachen und ihre Schönheiten zu zeigen, ihre Möglichkeiten auszukundschaften, mit ihnen zu spielen."

Kito Lorenc Gedichte sind feine, kleine Geschichten, Beobachtungen und Teilnahmen an der Welt ringsum. Mit großer Leichtigkeit verfasst, einer nicht hoch genug zu schätzenden Kunst, schreibt er Gedichte wie über den "Steinvogel", der nämlich "Singt aus dem Regen/einsam das Lerchenlied/zittert sein steinherz/ unhörbar fort" oder über das "Lamento am Totensonntag", wo es in der letzten Strophe heißt: "Gerade biegt mein mausetoter/Freund um die Hausecke und/wir unterhalten uns besser als/zu seinen Lebkuchenzeiten."

Kito Lorenc war der Wanderer zwischen den Sprach- und Kulturwelten, heimisch im Sorbischen wie im Deutschen. Das zu einer großen dichterischen Synthese zu fügen, ist ihm gelungen. Große deutsche Lyrik und große sorbische Lyrik.

Eine Rezension von Matthias Ehlers

Literaturangaben:
Kito Lorenc: Es war nicht die Zeit. Gedichte
Auswahl und mit einem Nachwort von Michael Krüger
Reihe: Edition Petrarca
Wallstein Verlag, 2023
163 Seiten, 22 Euro