Spanisch-frankoflämische Musik und deutsche Italiensehnsucht
Um den fruchtbaren Austausch zwischen spanischen und frankoflämischen Renaissancemeistern geht es in der ersten Vesper-Stunde. Die zweite Stunde begibt sich musikalisch nach Italien, wo die europäische Kultur für lange Zeit zur Blüte gebracht wurde.
- Sendehinweis: Vesper | 3. Juni 2023, 17.04 - 19.00 Uhr | WDR3
Josquin Desprez (um 1440-1521)
Vesper I
spanisch-frankoflämisch
17:04 - 17:45 Uhr
Schon im 15. Jahrhundert legte man an flämischen Kathedralen großen Wert auf die Ausbildung junger Musiker. Kein Wunder, dass frankoflämische Sänger-Komponisten bald in ganz Europa Karriere machten. Auch auf der iberischen Halbinsel gab es einen regen Austausch, und so schrieben Komponisten wie Juan de Anchietta, Kapellmeister der Königin Isabella von Kastilien, meisterhafte Werke im Stil der frankoflämischen Vokalpolyphonie. Im berühmten "Cancionero musical de Palacio", einer umfangreichen Sammlung mit überwiegend spanischer Musik aus der Zeit um 1500, findet sich auch ein Werk von Josquin Desprez. Gleich an erster Stelle der Sammlung steht aber ein lupenreiner spanischer Villancico von Juan de Urrede. Der hieß eigentlich Johannes Wreede, war um 1430 in Brügge geboren und wurde 1477 Kapellmeister am Hof von Ferdinand von Aragon. Dass er den Ton der spanischen Musik meisterhaft adaptierte, beweist die Beliebtheit seines Villancico "Nunca fué pena mayor". Einer seiner Nachfolger als aragonesischer Kapellmeister, der Spanier Francisco de Peñalosa, nahm es sogar als Ausgangspunkt für eine Messe – im frankoflämischen Stil.
Von Helga Heyder-Späth
Die Musikstücke zur Sendung
Komponist:in | Titel / Länge | Interpret:in |
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Alexander Agricola | Ave, pulcherrima Regina (2'38'') | Alessandro Carmignani, Countertenor Fabio Fùrnari, Tenor Vincenzo di Donato, Tenor Sergio Foresti, Bass Odhecaton Leitung: Paolo Da Col |
Josquin Desprez | In te Domine speravi (3'55'') | Doulce Mémoire Leitung: Denis Raisin Dadre |
Juan de Urrede | Tantum ergo (3'02'') | Capella de la Torre Leitung: Katharina Bäuml |
Juan de Urrede | Nunca fue pena mayor (4'43'') | Accademia del Piacere |
Francisco de Peñalosa | Kyrie und Gloria aus: Missa Nunca fue pena mayor (9'50'') | Les Sacqueboutiers Ensemble Gilles Binchois Leitung: Dominique Vellard |
Juan de Anchieta | Libera me, Domine (7'35'') | Ensemble Gilles Binchois Leitung: Dominique Vellard |
Vesper II
18:04 - 19:00
"Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?"ital – Die Italiensehnsucht deutscher Komponisten
"Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?" fragte Goethe 1795 in "Mignon" und brachte damit die Italiensehnsucht deutscher Künstler und Intellektueller beispielhaft auf Papier. Aber auch viele deutschen Komponisten fühlten sich im 17. und 18. Jahrhundert magisch angezogen von Italien, galt es doch als Zentrum der europäischen Musiktradition. Die Oper hatte hier ihren Ursprung gehabt und es gab eine reiche musikalische Tradition, die von Komponisten wie Claudio Monteverdi, Antonio Vivaldi und Giovanni Battista Pergolesi geprägt wurde. Viele Musiker wollten diese Tradition kennenlernen und von ihr lernen. Und so gab es regen und musikalisch fruchtbaren Austausch zwischen Deutschland und dem Land am Mittelmeer, dessen Auswirkungen die Musikgeschichte umfassend geprägt haben.
Von Christoph Prasser
Die Musikstücke zur Sendung
Komponist:in | Werk / Länge | Interpret:in |
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Johann Adolf Hasse | Sonate B-Dur "Cantata per flauto" (9'40'') | Maurice Steger, Blockflöte Mauro Valli, Violoncello David Bergmüller, Gitarre, Theorbe Naoki Kitaya, Cembalo |
Georg Friedrich Händel | Diana cacciatrice, HWV 79 "Cantate per il Marchese Ruspoli“ (7'43'') | Roberta Invernizzi, Sopran La Risonanza Leitung: Fabio Bonizzoni |
Johann Georg Pisendel | Konzert D-Dur (13'11'') | Hiro Kurosaki, Violine L'Arpa Festante Leitung: Michi Gaigg |
Antonio Vivaldi | Allegri III. Allegro aus: Konzert A-Dur, RV 340 "Concerti per violino X 'Intorno a Pisendel'" (7'45'') | Le Concert de la Loge Leitung und Violine: Julien Chauvin |
Felix Mendelssohn Bartholdy | Allegro vivace aus: Sinfonie A-Dur, op. 90, MWV N 16 "Italienische" (10'26'') | Freiburger Barockorchester Leitung: Pablo Heras-Casado |