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WDR 3 Werkbetrachtung: Robert Schumanns Liederzyklus "Frauenliebe und Leben"

Stand: 15.03.2018, 10:46 Uhr

Schumann komponierte den Liederzyklus voller Hochgefühle während seiner eigenen Hochzeitsvorbereitungen im Sommer 1840. In der WDR 3 Werkbetrachtung erläutert Liedpianist Michael Gees die acht Lieder und ein Klaviernachspiel, die die wesentlichen Momente des Liebeslebens einer Frau vertonen sollen.

Eine Frau begegnet ihrer großen Liebe und singt davon: erst heimlich, dann mit offener Begeisterung und gleich darauf ungläubig – weil sie tatsächlich erhört wird und das für sie höchste Glück in Erfüllung geht. Sie heiratet, bekommt ein Kind und findet darin ihre Be­stimmung. Bis plötzlich und völlig unerwartet der Ehemann stirbt. Dieser Mann ist ein Freund des Dichters Adelbert von Chamisso, der nach nur anderthalb Jahren glücklicher Ehe aus dem Leben gerissen wird. "Das ist der erste Schmerz, den Du mir gemacht hast, aber der trifft!" Diese Worte stammen von der jungen Witwe und gehen in Chamissos Gedichte ein.

Einige Textzeilen Chamissos rufen bis heute regen Widerspruch hervor, weil sie ein fragwürdiges Frauenbild zeigen, so zum Beispiel "Ich wird‘ ihm dienen, ihm leben, ihm angehören ganz, hin selber mich geben und finden verklärt mich in seinem Glanz." Andere Strophen sind zu ihrer Entstehungszeit mehr als verpönt, denn Chamisso spricht nicht nur vom Stillen des Säuglings, sondern auch recht unziemlich von der Lust der Frau.

WDR 3 Werkbetrachtung: Robert Schumann "Frauenliebe und Leben"

ZZZ_WDR 3 Werkbetrachtungen (inaktiv) 17.03.2018 20:33 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3


Robert Schumann skizziert seine Liedmelodien im Juli 1840 inmitten seines Liederjahres. Er selbst ist gerade am Ziel seiner Träume von Liebe und Ehe, denn die Leipziger Richter gestehen ihm die Hochzeit mit Clara zu – gegen den Willen ihres Vaters und seines früheren Klavierlehrers Friedrich Wieck. Robert und Clara suchen eine gemeinsame Wohnung und planen ihre Vermählung für September. Welche widersprüchlichen Wünsche der Komponist an eine Ehefrau hat, verrät uns nicht nur sein Tagebuch, sondern auch die Musik.

Schumann lässt das Schlussgedicht sowie einzelne Strophen Chamissos aus, die das Liebesgeschehen objektivieren, und stellt stattdessen die gefühlsbetonten und innigen Momente in den Vordergrund. Er setzt sehr persönliche und intime Worte in Töne wie: "Will ins Ohr dir flüstern alle meine Lust." Außerdem lässt er die Gesangsstimme am Ende schweigen. Nur das Klavier erinnert an das einstige Glück, indem es die Musik der beginnenden Liebe aus dem ersten Lied wiederholt.

Michael Gees

Adelbert von Chamissos Gedichtzyklus ist 1830 so bekannt und beliebt, dass gleich mehrere Komponisten Lieder daraus machen, darunter auch Franz Kugler und Carl Loewe. Ihre Strophenlieder erscheinen in Prachtausgaben, sind willkommene Damengeschenke und zuhause im Stillen "beym Klavier zu singen". Schumanns Zyklus hat es auf die Konzertbühnen geschafft - als einer der wenigen bedeutenden Liederkreise für Frauenstimme.

Der Pianist Michael Gees sieht in den acht Liedern samt Nachspiel nicht nur eine für das beginnende 19. Jahrhundert revolutionäre Befreiung der weiblichen Liebeslust sondern auch eine äußerst gelungene Musikalisierung der damit verbundenen Gefühle.

Eine Collage von Antonia Ronnewinkel

Redaktion: Eva Küllmer