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Georg Zeppenfeld (Hunding) und Klaus Florian Vogt (Siegmund) im 1. Aufzug, von: „Die Walküre“ bei den Bayreuther Festspielen 2023

28.07.2023 – Wagner, "Die Walküre" bei den Bayreuther Festspielen

Stand: 28.07.2023, 09:30 Uhr

Wieso lautet der Titel der Oper eigentlich "Die Walküre", wo es doch im 1. Aufzug um die Begegnung und das Liebeserlebnis von Siegmund und Sieglinde geht. Die Walküre, Brünnhilde, tritt da noch gar nicht auf und auch Wotan nicht. Deren Ringen miteinander bestimmen die beiden anderen Aufzüge. Tatsächlich hat man bei der Wiederaufnahme in Bayreuth eigentlich zwei Opern erlebt.

Zunächst einen in musikalischer Hinsicht phänomenalen Beginn. Das lag vor allem an dem Gespann Georg Zeppenfeld und Klaus Florian Vogt, alias Hunding und Siegmund, unterstützt vom Dirigenten Pietari Inkinen, der im Vergleich zu dem, was er im "Rheingold" am Tag zuvor ablieferte, wie ausgetauscht wirkte. Er schlug ein ruhiges, vorwärtsschreitendes Tempo an, legte unaufdringlich, aber deutlich Wagners Netz der Leitmotive in den Klangraum des Festspielhauses und bereitete so den Boden für die in punkto Textverständlichkeit, Intonationsgenauigkeit und Klangschönheit mustergültigen Dialogpartien der beiden Männer. Dazu kam Elisabeth Teige als Sieglinde, die nicht ganz so souverän agierte, aber ihre in den leisen Stellen etwas wacklige Tongebung durch Glut und emotionale Glaubwürdigkeit wettmachte und auf diese Weise die Wagnerianer im Festspielrund für sich einnahm.

Dann die sich über mehr zweieinhalb Stunden hinziehende Resignation von Wotan, den der Regisseur Valentin Schwarz als einen Patriarchen in einer Macht- und Sinnkrise vorstellte. Es war vor allem eine grandiose schauspielerische Leistung von Tomasz Konieczny, der zunächst einen zur Selbstüberschätzung neigenden "alten weißen Mann" verkörperte, der im Ehestreit mit Fricka (Christa Mayer mit deutlicher gesanglicher Steigerung gegenüber "Rheingold") noch mit Argumenten und Überheblichkeit ("Stets Gewohntes nur magst du verstehen") versucht, die Oberhand zu bewahren. Später dann, als er Brünnhilde wegen ihres Ungehorsams bestrafen will, ist er ein gebrochener Mann, der nur noch matte Wutausbrüche von sich gibt, vor allem aber resignative Töne. Bei Konieczny nahm man da in Kauf, dass er das mit seiner Stimme nicht so perfekt umsetzen konnte, wie Vogt und Zeppenfeld zuvor, dass ihm bei den leisen Tönen, manchmal nur ein Stammeln blieb ("Leb wohl, du kühnes herrliches Kind"). Es passte aber zum Charakter der Rolle.

Catherine Foster als Brünnhilde zeigte eine Bandbreite an Stimmfärbungen und Ausdrucksmöglichkeiten, wie man sie bei Brünnhilde-Sängerinnen nur sehr selten erlebt. Das reichte von den schneidend aggressiven Hojotoho-Rufen am Beginn bis zu einem zurückgenommen, zarten Gesang in Siegmunds Todesverkündigung, die sie zusammen mit Klaus Florian Vogt wie einen geheimnisvollen Weiheritus vollzog.

Der vielleicht schönste von den zahlreichen, dramaturgisch aber oft nicht plausiblen Einfällen von Valentin Schwarz im ganzen "Ring des Nibelungen" ist wahrscheinlich die Schlussszene, in der Wotan auf dem Boden kauert, Fricka mit einem Barwagen hineinkommt und mit Wotan auf den scheinbaren Sieg, den sie über ihn errungen hat, anstoßen will und er seine letzten Energien aufbietet, um sie verächtlich stehen zu lassen.

Premiere der Wiederaufnahme: 27.07.2023, noch am 06. und 22. 08. 2023

Besetzung:
Siegmund: Klaus Florian Vogt
Hunding: Georg Zeppenfeld
Wotan: Tomasz Konieczny
Sieglinde: Elisabeth Teige
Brünnhilde: Catherine Foster
Fricka: Christa Mayer
u.v.a.

Orchester der Bayreuther Festspiele

Musikalische Leitung: Pietari Inkinen
Regie: Valentin Schwarz
Bühne: Andrea Cozzi
Kostüm: Andy Besuch
Dramaturgie: Konrad Kuhn
Licht: Reinhard Traub