04.10.2020 - Mozart, „Die Zauberflöte“ in Köln

Stand: 04.10.2020, 12:25 Uhr

Mit einer gewissen Rührung in der Stimme trat die Opernintendantin Birgit Meyer auf die Bühne, um die erste Kölner Premiere nach dem allgemeinen Lockdown des Kulturlebens anzukündigen. Noch dazu die „Zauberflöte“, dem Klassiker, der für besondere Veranstaltungen aller Art immer gut ist. Und noch dazu mit dem mittlerweile 85-jährigen Michael Hampe als Regisseur, der das Haus bis vor einem Vierteljahrhundert überaus erfolgreich leitete. Doch lag über der Premiere der Corona-Schatten, weil es auch des chilenischen Bühnen-Ausstatters Germán Droghetti zu gedenken galt, der im Juli an Covid-19 starb.

Das Gürzenich-Orchester aber spielte wie befreit unter Christoph Gedschold, einem Anführer vom Typus des unprätentiösen Kapellmeisters. Ihm gelang es, das Wirken der vor der ganzen Bühne breit aufgestellten Musiker in einen herrlich transparenten Klang aufzufächern, und er machte so aus der Corona-Not eine Tugend.

Am schönsten vielleicht in Papagenos Arie „Ein Mädchen oder Weibchen“, wo die Streicher rechts und die Bläser ganz links in einen munteren Dialog traten und den oben auf der Bühnenmitte seine Sehnsüchte ausdrückenden jungen Sänger so recht nach Mozartscher Manier umspielten. Der junge Matthias Hoffmann, Zögling des Kölner Opernstudios, gab sein Papageno-Rollendebüt mit seiner unangestrengten, beweglichen und durch Klangschönheit veredelten Baritonstimme so, als sei der junge Hermann Prey erschienen.

Matthias Hoffmann als Papageno

Matthias Hoffmann als Papageno

Bei Julien Behr als Tamino kamen keine Erinnerungen etwa an Fritz Wunderlich auf, was auch sehr viel verlangt wäre. Er wirkte in der „Bildnis“-Arie etwas angestrengt, wie Antonia Vesenina als Königin der Nacht, die erst in ihrer zweiten Arie „Der Hölle Rachen“ einen fehlerfreien Koloraturen-Parcours absolvierte. Auch Ante Jerkunica als Sarastro brauchte zwei Anläufe, bis er sich die Partie bei „In diesen heiligen Hallen“ zurechtgelegt hatte. Kathrin Zukowski als Pamina hatte nicht etwa in „Ach ich fühl‘s“ ihren großen Auftritt, sondern erst später mit den drei Knaben, die sie von ihren Selbstmordgedanken abbringen wollen.

Das Geschehen auf der Bühne war noch vollständig geprägt von der Ausstattung des verstorbenen Germán Droghetti und den Videos von Thomas Reimer. Zu sehen waren allerlei farbige Reminiszenzen an Schikaneders Wiener Uraufführung von 1791. Auf dem Bühnenprospekt hingegen wurden realistische Videoprojektionen sichtbar, Feuersbrünste, Wasserfluten, Höhlen, Berglandschaften und am Anfang eine fürchterliche Schlange, alles in allem eine gelungene moderne Übersetzung der Märchenwelt aus dem Geist des Fantasy-Kinos.

Aber auch auf den Brettern davor herrschte optische Opulenz. Drogehttis Kostüme sind vom Feinsten. Und er hatte es sich auch nicht nehmen lassen, bei der Stelle, als die Zauberflöte zum ersten Mal zum Einsatz kommt, einen fantastischen Zoo bezähmter wilder Tiere vorzuführen mit einem kriechenden Krokodil ganz vorne, bei dem man – Entschuldigung! - unwillkürlich an das Reptil in Frank Castorfs Bayreuther „Götterdämmerung“ dachte, das dort freilich ganz unmotiviert hineingeraten war.

Bis auf diese Assoziation war alles ganz sicher im Sinne und angestoßen von Michael Hampe, wie man ihn kennt. Seine Regie begnügte sich dann aber mit Andeutungen. Corona-bedingt musste er es mit einer szenischen Einrichtung bewenden und einige ausgesparte Teile von einem Erzähler referieren lassen.

Premiere: 04.10.2020, noch bis zum 08.11.2020

Besetzung:
Pamina: Kathrin Zukowski
Tamino: Julien Behr
Die Königin der Nacht: Antonina Vesenina
Die drei Damen: Claudia Rohrbach, Regina Richter, Anja Schlosser
Papageno: Matthias Hoffmann 
Papagena: Alina Wunderlin 
Sarastro: Ante Jerkunica
Sprecher und 1. Priester: Oliver Zwarg 
Monostatos: John Heuzenroeder
2. Priester: Martin Koch
Die Geharnischten: Young Woo Kim, Sung Jun Cho
Drei Knaben: Solisten des Knabenchores der Chorakademie Dortmund

Chor der Oper Köln
Gürzenich-Orchester Köln

Musikalische Leitung: Christoph Gedschold
Chor: Rustam Samedov
Szenische Einrichtung: Michael Hampe
Bühne & Kostüme: German Droghetti †
Adaption Bühne & Kostüm: Darko Petrovic
Licht: Andreas Grüter
Video: Thomas Reimer
Dramaturgie: Tanja Fasching