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Franz Schubert - Der Hirt auf dem Felsen, D 965
Nadja Stefanoff als Fedora

18.11.2023 - Umberto Giordano, „Fedora“ in Frankfurt

Stand: 18.11.2023, 09:30 Uhr

Unter den italienischen Veristen, dazu gehören Pietro Mascagni, Ruggero Leoncavallo, Francesco Cilea und Giacomo Puccini, ist Umberto Giordano wohl der Unbekannteste, obwohl er mit seiner Oper „Andrea Chenier“ ein Stück fürs Repertoire geschaffen hatte. Auch „Fedora“ wurde häufig gespielt.

Bei der Uraufführung 1898 glänzte ein Sänger in der Rolle des Loris und begann eine Weltkarriere: Enrico Caruso. Die Arie „Amor ti vieta“ findet sich auch heute noch in vielen Tenorrecitals. Um es gleich zu sagen: Bei der Derniere der Frankfurter Produktion von „Fedora“ war der Koreaner Alfred Kim weit davon entfernt, mit verführerischem schmelzenden Ton der Fürstin Fedora ein unwiderstehliches Liebesgeständnis zu machen, zu brachial klingt seine Stimme. Die permanente Gewalt seines stimmlichen Ausdrucks passte eigentlich nur bei den Wutausbrüchen z. B. am Schluss der Oper, als Loris erkennt, dass Fedora um der Rache an ihrem einstigen Verlobten willen, ihn den Häschern ausgeliefert hat.

Dagegen meisterte Nadja Stefanoff die Titelpartie, die sie schon bei der Premiere im April 2022 gesungen hat, mit einem Höchstmaß an Stimmnuancen, in denen sich das Charakterbild einer ebenso resoluten wie unsicheren Frau ausdrückt. Ihr Gesang passte damit zu dem psychologisierenden Regieansatz von Christof Loy, der diese liebesbedürftige, auch vergnügungssüchtige, kriminalistisch gewitzte und dann wieder unüberlegt emotional handelnde Frau in den Mittelpunkt rückte, betont durch die Grandezza ihrer Kostüme und unterstrichen durch die geschickten Video-Closeups.

In der Oper „Fedora“ treibt Giordano den Verismus, den Realitätssinn quasi auf die Spitze. Über weite Strecken, etwa in der Szene, in der der Kommissar seine Verhöre anstellt, um den Mörder von Fedoras Verlobten zu ermitteln, oder wenn Fedora später Loris sein Geheimnis zu entlocken sucht, wähnt man sich wie in einem Thriller, und man fragt sich, was daran eigentlich opernhaft ist, um dann doch die Antwort zu hören, etwa wenn Fedora Gott anruft und um Gnade bittet für das, was sie mit ihrem Rachekomplott angerichtet hat.

Die Oper wartet darüber hinaus, wie es der veristische Stil um die Jahrhundertwende verlangte, mit vielen Genremusiken auf, Alphorn-Imitationen im 3. Akt, der im Berner Oberland spielt, mechanistische Musik, wo es um einen Fahrradausflug geht, Anklänge an russische Folklore, wenn die Gräfin Olga von dem französischen Diplomaten De Siriex (Bianca Tognocchi und Mikołaj Trąbka beide mit stimmlicher Beweglichkeit und Spielfreude) als Kosakin verhöhnt wird. Das alles lieferte Carlo Montanaro am Pult des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters mit einer gehörigen Portion spielerisch-musikalischem Humor ab.

Besuchte Vorstellung: 17.11.2023, Premiere: 03.04.2022

Besetzung:
Fedora: Nadja Stefanoff
Loris Ipanow: Alfred Kim
De Siriex: Mikołaj Trąbka
Olga Sukarew: Bianca Tognocchi
Gretch, Polizeikommissar: Frederic Jost
Dimitri, Laufbursche: Bianca Andrew
Desiré, Kammerdiener: Theo Lebow
Rouvel, Baron: Michael Porter
Cirillo, Kutscher: Liviu Holender
Borow, Arzt: Jarrett Porter
Lorek, Chirurg: Sebastian Geyer
Ein Junge: Anton Römer
u.a.

Chor der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester

Musikalische Leitung: Carlo Montanaro
Inszenierung: Christof Loy
Szenische Leitung der Wiederaufnahme: Aileen Schneider
Bühnenbild und Kostüme: Herbert Murauer
Licht: Olaf Winter
Videodesign: Velourfilm AB
Chor: Álavaro Corral Matute
Dramaturgie: Thomas Jonigk