Anti-Rauch-Gesetz in Großbritannien

Aktuelle Stunde 17.04.2024 24:52 Min. UT Verfügbar bis 17.04.2026 WDR Von Juliane Bielaß

Geplantes britisches Zigaretten-Verbot: Ein Vorbild für Deutschland?

Stand: 17.04.2024, 13:12 Uhr

Die Regierung in Großbritannien plant ein weitreichendes Rauchverbot. Was genau ist geplant? Wie ist die Lage in Deutschland? Fragen und Antworten.

Von Jörn SeidelJörn Seidel

Die Abgeordneten des britischen Unterhauses votierten am Dienstagabend mit 383 zu 67 Stimmen für einen Gesetzentwurf, der den Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakprodukten nach und nach verbieten würde. Es war zwar bereits die zweite Lesung, bis zur endgültigen Verabschiedung des Gesetzes sind aber noch Hürden zu nehmen. Worum es geht und wie es um das Rauchen in NRW bestellt ist - ein Überblick.

Wie soll das britische Zigaretten-Verbot funktionieren?

Die konservative Regierung will den legalen Kauf von Tabakprodukten langfristig unmöglich machen. Der Gesetzentwurf sieht vor, das Mindestalter für den Kauf von derzeit 18 Jahren jedes Jahr um ein Jahr zu erhöhen. Ziel des Premierministers Rishi Sunak ist, dass niemand, der im laufenden Jahr 15 wird oder jünger ist, jemals legal Glimmstängel erwerben kann. Das gilt auch für andere Tabakprodukte.

Rauchen selbst soll also nicht verboten werden. Erwachsene, die heute rauchen, können weiterhin Zigaretten kaufen. Künftigen Generationen aber soll es nahezu unmöglich gemacht werden.

Der Gesetzentwurf mit der Bezeichnung "Tobacco and Vapes Bill" sieht außerdem Maßnahmen vor, um gegen E-Zigaretten bei Jugendlichen vorzugehen. Unter anderem sollen Geschmacksrichtungen eingeschränkt werden, um zu verhindern, dass Kinder nikotinabhängig werden. Derzeit ist es im gesamten Vereinigten Königreich illegal, Zigaretten oder Tabakerzeugnisse oder Vapes an Personen unter 18 Jahren zu verkaufen.

Welche Argumente gibt es für und gegen das geplante Rauchverbot?

"Nikotin beraubt Menschen ihrer Willensfreiheit. Die große Mehrheit der Raucher fängt damit an, wenn sie jung sind und drei Viertel sagen, dass sie nicht damit angefangen hätten, wenn sie die Uhr zurückdrehen könnten", sagte Gesundheitsministerin Victoria Atkins am Dienstag bei der Debatte im Unterhaus. Es sei die Verantwortung und Pflicht der Regierung, die kommende Generation zu schützen, fügte sie hinzu.

Victoria Atkins im April 2024

Victoria Atkins, britische Gesundheitsministerin

Das Gesetz werde tausende Leben retten, den staatlichen Gesundheitsdienst NHS entlasten und die Produktivität des Vereinigten Königreichs erhöhen, sagte Atkins weiter.

Scharfe Kritik an dem geplanten Zigaretten-Verbot kommt aus den eigenen Reihen, also von den Konservativen selbst. Prominente Gegner innerhalb der Tories sind zwei von Sunaks Vorgängern: Boris Johnson und Liz Truss. Sie erklärten, dass die Pläne gegen konservative Werte verstießen, weil sie die persönlichen Freiheiten der Menschen einschränkten.

In Großbritannien sterben jährlich zehntausende Menschen an den Folgen des Rauchens.

Wie viele Raucher gibt es in Deutschland und NRW?

Das geplante Tabak-Verkaufsverbot in Großbritannien soll vor allem junge Menschen vom Rauchen abhalten, damit sie gar nicht erst zu dauerhaften Konsumenten werden. Auch in Deutschland richtet sich die Aufklärungsarbeit über die Gefahren des Rauchens vor allem an junge Menschen.

Trotzdem hat die Zahl der jungen Raucherinnen und Raucher zuletzt wieder zugenommen. Besonders die Corona-Pandemie hat vermutlich dafür gesorgt, dass wieder mehr junge Menschen rauchen. Das geht aus der jüngsten "Deutschen Befragung zum Rauchverhalten" (DEBRA) hervor, die alle zwei Monate von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erhoben wird.

Demnach hat sich der Anteil der Raucherinnen und Raucher unter den 14- bis 17-Jährigen von 2021 auf 2022 fast verdoppelt. Waren es zuvor noch 8,7 Prozent in dieser Altersgruppe, stieg der Anteil auf 15,9 Prozent. 2023 ging die Zahl leicht zurück auf 14,9 Prozent.

Junge Tabakkonsumenten - Grafik

Die jüngsten Zahlen zu Raucherinnen und Rauchern in NRW hat das Statistische Landesamt im Juli 2023 veröffentlicht. Allerdings entstammen sie dem Mikrozensus von 2021. Da lag der Anteil der Raucherinnen und Raucher an der Gesamtbevölkerung bei 18,6 Prozent. Am stärksten ist das Rauchen demnach in den Altersklassen zwischen 35 und 64 Jahren verbreitet.

Raucher in NRW- Grafik

Die Deutsche Krebshilfe schätzt, dass jedes Jahr 127.000 Menschen in Deutschland an Erkrankungen sterben, die durch Tabakkonsum verursacht werden. Rauchen gehört damit zu den größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken.

Tabak-Regeln in Deutschland: Kann Großbritannien ein Vorbild sein?

Pläne für ein so weitreichendes Zigaretten-Verkaufsverbot, wie sie jetzt in Großbritannien zum Gesetz werden könnten, gibt es in Deutschland derzeit nicht. Genau wie bislang im Vereinigten Königreich dürfen auch hierzulande keine Kinder und Jugendlichen Tabakwaren kaufen.

Außerdem dürfen Minderjährige in Deutschland nicht in der Öffentlichkeit rauchen. So steht es im Jugendschutzgesetz. Zu den Tabakwaren gehören:

  • Zigaretten,
  • elektronische Zigaretten
  • elektronische Shishas
  • nikotinfreie E-Zigaretten und E-Shishas
  • Zigarillos
  • loser Tabak
  • Schnupftabak

Es gibt in Deutschland bereits verschiedene Werbeverbote für Tabak. Seit Januar 2022 ist Zigaretten-Werbung an Haltestellen oder auf Plakatwänden verboten, seit Anfang 2023 gilt das auch für Tabakerhitzer, seit 2024 für E-Zigaretten.

Außerdem gibt es diverse Rauchverbote. Die gelten zum Beispiel in öffentlichen Gebäuden wie Behörden, Ämtern, Kinos, Theatern, Universitäten, Krankenhäusern, aber auch an Flughäfen und Bahnhöfen - mit Ausnahmen.

Bis zum vergangenen Jahr wollte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auch das Rauchen im Auto verbieten, wenn Kinder oder Schwangere mit an Bord sind. Dieses Vorhaben scheiterte innerhalb der Ampel-Regierung allerdings am Widerstand der FDP.

Über dieses Thema berichten wir am 17.04.2024 auch in der "Aktuellen Stunde" im WDR Fernsehen.

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagentur AP
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Jugendschutzgesetz
  • Website des Parlaments des Vereinigten Königreichs
  • "Familienportal" des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend