79.000 Haushalte ohne Strom | WDRaktuell

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79.000 Stromsperren in NRW: Wie es dazu kommen kann

Stand: 20.12.2024, 15:13 Uhr

Fast 79.000 Mal wurde Haushalten in Nordrhein-Westfalen 2023 der Strom abgestellt - deutlich mehr als in anderen Bundesländern. Der Grund: offene Rechnungen. Wie kommt es dazu? Und was können Betroffene machen?

Das Licht ist aus, der Herd ist kalt, der Strom ist weg. In NRW wurde 2023 häufiger der Strom abgestellt als im Vorjahr - insgesamt fast 79.000 Mal. Im Vergleich: 2022 waren es noch 67.439 Stromsperren. Das geht aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. 

In etwas selteneren Fällen kappen Versorger auch die Gasversorgung für Heizung und warmes Wasser. Doch auch hier sind die Zahlen in NRW gestiegen: Von 11.832 im Jahr 2022 auf 14.469 im Jahr 2023. Bundesweit gab es 2023 knapp 28.000 solcher Fälle. 

Fast jede dritte Stromsperre in NRW

Bundesweit meldeten die Netzbetreiber für das Jahr 2023 den Daten zufolge 204.441 Stromsperren - das sind etwa 4.000 weniger als im Vorjahr. Zugleich stieg die Zahl der bundesweit gemeldeten Gassperren von 22.987 im Jahr 2022 auf 28.059 im Jahr 2023.

Fast jede dritte Stromsperre betrifft demnach einen Haushalt in Nordrhein-Westfalen. Das bevölkerungsreichste Bundesland gehört mit Baden-Württemberg auch zu den einzigen Ländern, in denen zuletzt häufiger Stromsperren verhängt wurden. Deutlich seltener als im Vorjahr wurde dagegen in Berlin, Brandenburg, Bremen und Hamburg der Strom abgestellt.

Doch wie kommt es zu einer Stromsperre? Was darf der Versorger? Und was kann man selbst tun, damit es gar nicht erst zu einer Stromsperre kommt? Fragen und Antworten.

Wie kommt man in die Situation, dass einem der Strom abgestellt wird?

Wenn man den Strom nicht zahlt, kommt es irgendwann zu einer Stromsperre durch den Versorger. Laut der Website der Verbraucherzentrale können die Gründe, warum man nicht zahlt, vielfältig sein. Einen wichtigen Aspekt sieht die Verbraucherzentrale aber in den hohen Energiekosten, die vor allem Menschen mit geringem Einkommen zu schaffen machen.

Die hohen Strom- und Gaspreise seien für viele Menschen eine enorme Belastung, kritisierte auch die für Wohnen zuständige Bundestagsabgeordnete der Linken, Caren Lay. "Erst kürzlich wurde bekannt, dass jeder zwölfte Haushalt in Deutschland die Wohnung nicht angemessen heizen kann", sagte sie. 

Immer mehr Menschen müssten sich zwischen einer warmen Wohnung und einem vollen Bauch entscheiden. "Dies ist in einem der reichsten Länder der Welt nicht weniger als ein Skandal." Die Linke fordert ein Verbot von Strom- und Gassperren.

Wann darf der Versorger den Strom abstellen?

Laut der Verbraucherzentrale darf Strom oder Gas durch den Versorger abgestellt werden, wenn der Verbraucher mindestens zwei Abschlagszahlungen im Rückstand ist. Der Zahlungsrückstand muss doppelt so hoch sein, wie der monatliche Abschlag oder die monatliche Vorauszahlung. Außerdem muss der Zahlungsrückstand mindestens 100 Euro betragen.

Darüber hinaus muss der Versorger noch einige weitere gesetzliche Vorgaben einhalten:

  • Er muss die Sperre vier Wochen vorher androhen.
  • Den Vollzug der Sperre muss er 8 Werktage vorher in Briefform ankündigen.
  • Er muss schriftlich darüber informieren, wie man eine Unterbrechung vermeiden kann.
  • Er muss eine  "Abwendungsvereinbarung", das heißt eine Ratenzahlung zur Vermeidung der Sperre, angeboten haben.

Ist Ratenzahlung bei drohender Stromsperre sinnvoll?

Der Versorger ist dazu verpflichtet, eine Ratenzahlungsvereinbarung anzubieten. Eine solche Ratenzahlung ist meistens sinnvoll, heißt es auf der Website der Verbraucherzentrale. Wenn der Versorger eine Sperrandrohung geschickt hat, sollte man ihn auffordern, eine Abwendungsvereinbarung zu übersenden - dazu ist er innerhalb von einer Woche verpflichtet.

Man sollte jedoch wie bei jeder Ratenzahlung darauf achten, dass die Raten für einen bezahlbar sind. Sollte die Forderung mehr als 300 Euro betragen, muss die Abwendungsvereinbarung einen Zeitraum von mindestens 12 bis zu 24 Monaten haben.

Sollte man erneut in finanzielle Schwierigkeiten kommen, besteht die Möglichkeit drei Raten der Abwendungsvereinbarung auszusetzen. Darüber muss man den Versorger vorab informieren. Die Möglichkeit der Aussetzung gilt vorerst nur bis zum 30. April 2025.

Wie kann man sich vor einer Stromsperre schützen?

Zahlungen für Strom, Heizung und Miete sollten immer die höchste Priorität haben und vor allen anderen Rechnungen beglichen werden, rät die Verbraucherzentrale auf ihrer Website. Diese Abschläge sollte regelmäßig und pünktlich gezahlt werden.

Darüber hinaus hat die Verbraucherzentrale noch ein paar Tipps, um einer Stromsperre vorzubeugen:

  • Man sollte sich einen Überblich über die eigenen Finanzen verschaffen. Dabei hilft es beispielsweise ein Haushaltsbuch zu führen, in dem man Einkünfte und Ausgaben notiert.
  • Man sollte genau wissen, wie hoch die Fixkosten im Monat sind. Dann weiß man auch, wie viel Geld einem monatlich noch zur Verfügung steht.
  • Wenn man Sozialleistungen bekommt, sollte man die Abschläge direkt vom Sozialleistungsträger an den Energieversorger überweisen lassen.
  • Bei einem geringen Einkommen sollte man prüfen, ob ein ergänzender Anspruch auf Sozialleistungen besteht.

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