Studiogespräch: Wolfram Lumpe, WDR-Gerichtsreporter

Lokalzeit Bergisches Land 12.02.2024 06:44 Min. Verfügbar bis 12.02.2026 WDR

Wuppertaler Goldhändler im Visier der Ermittler 

Stand: 12.02.2024, 10:36 Uhr

Ein Goldhändler aus Wuppertal bleibt aus Angst vor seiner Verhaftung weiter in der Türkei. Im Sommer hatten Spezialeinsatzkräfte von Polizei und Europol sein Haus gestürmt.

Tevfik Güder handelt mit Altgold, Goldbarren, Goldschmuck. Wie er selbst sagt, seit Jahrzehnten. Folgt man seiner Sichtweise, sind diese Goldgeschäfte immer mit siebenstelligen Summen verbunden, manchmal sogar achtstelligen. Dies bringe ihn immer wieder ins Visier von Staatsanwaltschaft und Polizei - nach seiner Aussage aber völlig zu Unrecht. 

Fehlgeschlagene Festnahme 

Die Ermittlungen gegen den Wuppertaler laufen schon lange. Öffentlich wurden sie im Juni vergangenen Jahres sozusagen mit einem Knalleffekt. Spezialeinsatzkräfte der Polizei stürmen frühmorgens das Haus des Goldhändlers. Wohl eine Vorsichtsmaßnahme, denn man soll ihm auch Waffenbesitz unterstellt haben.

Tevfik Güder

Tevfik Güder sollte festgenommen werden, er war aber nicht da

Türen werden gesprengt, die Ehefrau des Gesuchten und deren Tochter sehen sich vermummten und bewaffneten Polizisten gegenüber und sind lange Zeit durch das Ereignis traumatisiert. Nachbarn werden durch die Explosionen geweckt, haben Angst. Aber Tefvfik Güder selbst ist nicht da. 

Abwesend mit Genehmigung 

Und das mit einer einfachen, wie verwundernden Begründung: Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft hat ihm erlaubt zu reisen. Die ist aber auch nicht Absender der fehlgeschlagenen Festnahme. Das wiederum ist die europäische Polizeibehörde Europol, offenbar in italienischem Auftrag. Denn dorthin soll der mit internationalem Haftbefehl Gesuchte gebracht werden. Der Vorwurf: Illegale Bargeld-Geschäfte. 

Absprache-Fehler der Polizei-Behörden?

Bild vor der Staatsanwaltschaft Wuppertal

Staatsanwaltschaft Wuppertal wusste nichts von Festnahme

Wie war die Festnahme-Panne möglich? Normalerweise werden Zugriffe dieser Art den lokalen Behörden vorab gemeldet, sagt Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert. "Wir waren jedenfalls nicht informiert, mit den italienischen Ermittlungen haben wir nichts zu tun. Der Angeschuldigte war mit unserem Wissen und auch mit unserer ausdrücklichen Belegung im Ausland. Er war und ist für uns auch erreichbar."

Ausland heißt in diesem Fall Istanbul, wo sich Güder für eine Familienfeier aufhielt. Dort ist er bis heute. Denn kommt er zurück, muss er am deutschen Flughafen mit seiner sofortigen Verhaftung und einer Weiterreise in die Haft nach Italien rechnen - davon geht er selbst aus. 

Vorwürfe aus Italien 

Also lebt er bis heute in der Türkei, aus seiner Sicht zwangsweise. Das hat er dem WDR jetzt per Zoom so geschildert. "Mein Anwalt sagt: Für Deutschland bin ich nicht flüchtig. Es kann aber sein, dass Europol immer noch dran ist und die Italiener mich festnehmen und nach Milano ausliefern wollen."

Er habe sich dort aber nichts zu Schulden kommen lassen, sagt er. "In Italien herrscht Cash-Verbot, Barzahlungsverbot. Da haben wir wahrscheinlich mit einem Bar-Ankauf über circa 1.260.000 Euro Feingold gekauft. Und die behaupten oder vermuten, wir würden das in bar abwickeln, um die Herkunft des Geldes zu verschleiern." Seine Papiere könnten aber eindeutig belegen, woher das Geld stammt, so Güder.

Massive Steuerhinterziehung?

Die ihm in Wuppertal gemachten Vorwürfe wiegen ebenso schwer. Güder: "Es geht darum, dass ich Schmuck nach Deutschland eingeführt, die Einfuhrumsatzsteuer aber nicht abgeführt habe." Nach WDR-Informationen geht es um 18 Millionen Euro. "Das ist ein Vorwurf, den kein Gesetz unterstützt."

Die Staatsanwaltschaft sieht das ganz anders, so Baumert: "Wir haben Anklage am Landgericht Wuppertal erhoben. Das setzt rechtlich voraus, dass wir eine Strafe-Erwartung von oberhalb von vier Jahren sehen. Mehr kann ich Ihnen wegen des Steuergeheimnisses nicht sagen.

Rückkehr bei Prozess wahrscheinlich 

Lässt das Wuppertaler Landgericht die Anklage zu, kommt es hier zum Prozess. An dem muss und will Güder auch teilnehmen, sagt sein Anwalt. Sonst, so die Staatsanwaltschaft, gelte er auch für die deutschen Behörden als flüchtig und er würde wohl zur Fahndung ausgeschrieben.

Ob er das in Italien noch ist, scheint derzeit unklar. Für den auf seine völlige Unschuld beharrenden Tevfik Güder ist die Situation schwierig und wird es wohl auch bleiben.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter
  • Staatsanwaltschaft Wuppertal

Über dieses Thema berichtet der WDR auch am 12.02.2024 im Fernsehen in der Lokalzeit Bergisches Land ab 19.30 Uhr.