Bronzestatue der Justitia

Warum NRW (de facto) keine Schuldenbremse mehr hat

Stand: 14.01.2025, 15:26 Uhr

SPD und FDP sahen im NRW-Haushalt von 2023 einen Verstoß gegen die Schuldenbremse. Das höchste NRW-Gericht kann das aber nicht beurteilen. Da die Schuldenbremse nicht in der Landesverfassung steht, sondern "nur" in einem normalen Gesetz.

Von Christoph Ullrich Christoph Ullrich

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) äußert sich kurz und knapp zu dem Urteil. Sein Haushalt von 2023 verstoße nicht gegen die Landesverfassung. "Das ist eine gute Nachricht", lauten seine dürren Worte.

SPD und FDP hatten vor dem Landesverfassungsgerichtshof geklagt, nachdem der Haushalt beschlossen wurde. Damals hatten CDU und Grüne entschieden, mehr Schulden zu machen. Begründet wurde dies mit einer finanziellen Notlage wegen des Ukrainekrieges. Die Oppositionsparteien werteten das als Verstoß gegen die Schuldenbremse und klagten.

Gericht ist nicht zuständig

Das höchste NRW-Gericht verwarf diese Klage heute. Die Richter und Richterinnen sahen sich nicht zuständig, weil die Schuldenbremse auf Landesebene nicht in der Landesverfassung steht. Darauf hatte die rot-grüne Landesregierung einst verzichtet, als die Schuldenbremse ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Es gab lediglich eine einfache gesetzliche Regelung.


Das Gericht in Münster könne sich nicht mit der Klage befassen, da die Schuldenbremse in NRW keinen Verfassungsrang habe. Deshalb, so heißt es vom Gericht, könne es keine inhaltliche Entscheidung darüber treffen, "ob der Landeshaushalt für das Jahr 2023 gegen die Anforderungen der Schuldenbremse verstößt". Lediglich stellte das Gericht fest, dass die Regelung im Grundgesetz auch für die Länder gilt ...

Praktisch keine Schuldenbremse in NRW

Das bedeutet konkret, dass man eigentlich nicht gegen die Landesregierung klagen kann, weil sie zu viele Schulden macht. Das sieht zumindest die FDP so. Deren Fraktionschef Henning Höne sagt: "Die einzige rechtliche Handhabe wäre eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht – entweder durch die Bundesregierung, eine andere Landesregierung oder ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages." Das sei aber in der politischen Praxis ausgeschlossen.

Christian Dahm, der für die SPD die Klage betreut, warnt, es könnte nun einen "Graubereich geben, in dem die Landesregierung machen kann, was sie will". Allerdings ließ Dahm offen, ob und wie die SPD dagegen vorgehen will. Die Partei möchte die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form abschaffen, inhaltlich dürfte ihr das Urteil deshalb eher gefallen statt missfallen.

Der Bund der Steuerzahler fordert daher, dass die Parteien im NRW-Landtag die Schuldenbremse jetzt auch hier in der Verfassung verankern müssen. "Die Verfassungen fast aller anderen Bundesländer enthalten entsprechende Bestimmungen. Nordrhein-Westfalen sollte schnell nachziehen", sagte der Vorsitzende der Lobby-Organisation, Rik Steinheuer. Eine notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit gilt dafür aber als unwahrscheinlich. Neben der SPD sprechen sich auch die Grünen im Kern gegen die Schuldenbremse aus.

Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Verfassungsgerichtshof NRW
  • Stellungnahmen Parteien, Finanzministerium, Bund der Steuerzahler

Über dieses Thema berichten wir am 14.01.2025 auch im WDR Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.30 Uhr.

NRW Haushalt 2023 und die Schuldenbremse

WDR 5 Westblick - aktuell 14.01.2025 01:34 Min. Verfügbar bis 14.01.2026 WDR 5


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