Der Trinkwasser-Verbrauch nimmt seit Jahren wieder zu. Doch das Grundwasser ist während der Trockenjahre 2018 bis 2022 gesunken. Zuletzt hat sich das zwar entspannt. Aber viele Kommunen machen sich Sorgen. Sie müssen immerhin in ihrem Gebiet laut Landeswassergesetz die Wasserversorgung sicherstellen. So will Bielefeld aus der Ruhr-Region Wasser zukaufen.
Langfristig werden "geringe Brunnenstände" erwartet
"Kurz- und mittelfristig ist in Bielefeld nicht von einer Wasserknappheit auszugehen", heißt es zwar bei den Stadtwerken. 85 Prozent komme weiterhin aus eigenen Brunnen. Doch man wolle die Versorgung "auch langfristig" sicherstellen. Es werde neue Trockenphasen geben, "rückgängige Fördermöglichkeiten" und "geringe Brunnenstände". Deshalb wolle man ans Gelsenwasser-Netz.
Die Gelsenwasser AG, einer der größten Wasserversorger in Europa, liefert jährlich etwa 230 Millionen Kubikmeter Wasser an eigene Kunden und Weiterverteiler in Münsterland, Ruhrgebiet, Rheinland oder Ostwestfalen. "Der Strukturwandel und der damit gesunkene Trinkwasserverbrauch im Ruhrgebiet haben dazu geführt, dass in der Region mehr Wasser zur Verfügung steht", teilen die Stadtwerke auf Anfrage mit.
Mehrere Millionen Kubikmeter Wasser aus Gelsenwasser-Netz
Wenn Gelsenwasser demnächst eine Leitung bis ins ostwestfälische Rheda-Wiedenbrück legt, will man eine 18 Kilometer lange Verlängerung nach Bielefeld. Durch die Rohre mit 60 Zentimeter Durchmesser könnten ab 2030 jährlich 2,5 Millionen Kubikmeter Wasser fließen; später vielleicht sogar über fünf Millionen. Der Plan ist nun, eine "gemeinsame Gesellschaft" mit Gelsenwasser zu gründen.
Doch der BUND bezweifelt die Notwendigkeit und fordert vom Land eine Prüfung. Mitglied Manfred Dümmer, Diplom-Hydrogeologe und Ex-Abteilungsleiter im Bereich Grundwasser in Bielefeld befürchtet, dass der Ruhr-Region Wasser entzogen wird.
BUND hat Angst um Wasserversorgung im Ruhrgebiet
"Wenn künftig dauerhaft ein erheblicher Teil des Bielefelder Trinkwassers aus den Ruhrtalsperren beziehungsweise dem Wasserwerk Echthausen im Ruhrtal bezogen wird, kann das landesweit zu Fehlentwicklungen der Wasserversorgung führen", so der BUND. Das stehe den "Belangen des Natur- und Gewässerschutzes und einer sicheren Wasserversorgung von vier Millionen Menschen im Ruhrgebiet entgegen." Eine "nachhaltige Wasserstrategie" müsse auf "ortsnahe Vorkommen" setzen.
Zweifel hat der BUND auch daran, dass der Wasserbedarf in Bielefeld bis 2050 stark zunimmt, in den vergangenen 30 Jahren sei der Verbrauch gefallen. Auch die Niederschlagsmengen hätten auf lange Sicht eher zugenommen. Selbst in der Dürrephase 2018 bis 2022 habe es nie Versorgungsprobleme gegeben.
Besser Wasser sparen, sagen Umweltschützer
Die Stadt solle auf Wassersparen setzen, so der BUND. Mehrere Städte hätten schon "Wasser-Ampeln", mit denen man die Menschen sensibilisiert. Auch könnte mehr Regenwasser als Brauchwasser genutzt werden. Und: Die Beteiligung von Gelsenwasser an einer neuen Versorgungsgesellschaft sehen die Umweltschützer kritisch. Wasserversorgung müsse "zu 100 Prozent in öffentlicher Hand verbleiben".
Gelsenwasser selbst sagt nichts zu dem Konflikt. Man könne "die bestehenden Kapazitäten von Wasserwerken an der Ruhr nutzen und damit vom gesamten System des Ruhrverbandes mit seinen zahlreichen Talsperren im niederschlagsreicheren Sauerland profitieren". Die Stadtwerke sind von der Pipeline überzeugt: "Weil die Faktenlage eindeutig dafür spricht."
Bielefeld will mit den Kritikern nach der Entscheidung reden
Die Stadt selbst will sich zu der Kritik nicht äußern, weil "der Abstimmungsprozess noch nicht abgeschlossen" sei. Ende Oktober werde sich der Umweltdezernent mit den Umweltschützern treffen. Der Umweltausschuss hat eine Entscheidung am 1. Oktober erst einmal mit großer Mehrheit verschoben. Viele Politikerinnen und Politiker verlangten von den Stadtwerken und der Verwaltung mehr Informationen.
Unsere Quellen:
- Stadtwerke Bielefeld
- Anfrage Stadt Bielefeld
- Anfrage Gelsenwasser
- NRW-Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr
- Interview Manfred Dümmer vom BUND