Zum Start der Bocholter Kirmes: Neues Sicherheitskonzept
Lokalzeit Münsterland. 18.10.2024. 02:38 Min.. Verfügbar bis 18.10.2026. WDR. Von Dominik Hamers.
Waffenverbot auf der Bocholter Herbstkirmes
Stand: 18.10.2024, 18:48 Uhr
Keine Waffen, keine Messer, kein Gras: Mit einer Reihe von Verboten ist in Bocholt die größte Kirmes des Münsterlandes gestartet. Schausteller sollen auch auf Spielzeugwaffen verzichten. Klappt das?
Von Petra Brönstrup
Auf diesen Augenblick haben Schausteller und Besucher der Bocholter Herbstkirmes den ganzen Vormittag gewartet. Es ist Freitag 14 Uhr. Die Karussells, Buden und Stände öffnen. Mittendrin: der Schießstand mit den beiden Mitarbeitern Uwe Kupferschmidt und Kevin Pascal aus Oberhausen.
Waffen am Schießstand
Uwe Kupferschmidt und Kevin Pascal im Schießstand auf der Bocholter Kirmes
Die Männer haben davon gehört, dass Stadt und Polizei die Bocholter Innenstadt zur Waffenverbotszone erklärt haben. Das bedeutet: Es sind weder Pistolen und Messer noch Schlagstöcke oder andere gefährliche Gegenstände erlaubt. Mehr noch: Die über 300 Schausteller haben sich nach Mitteilung der Stadt Bocholt darauf verständigt, dass es keine Spielzeugwaffen als Losgewinne geben soll.
Der Schießstand ist trotzdem in Betrieb. "Natürlich! Was denn sonst? Wir ohne Gewehre, das wäre ja wie eine Pommesbude ohne Kartoffeln", stellt Kupferschmidt klar. Er freut sich über das Waffenverbot auf der Bocholter Kirmes. "Damit fühlen selbst wir uns hier am Schießstand sicherer."
Neunjähriger testet Luftgewehr
Der Mitarbeiter des Schießstandes greift zum Luftgewehr und macht es bereit für seinen ersten Besucher an diesem Tag, Steven Ristoski, 9 Jahre alt. Die Eltern stehen neben dem Jungen, fiebern mit ihm mit, als er das Luftgewehr in die Hand nimmt und auf die kleinen Schildchen an der Wand des Schießstandes zielt.
Der neunjährige Steven Ristoski erprobt sich am Schießstand
Die Ristoskis begrüßen das Waffenverbot auf der Bocholter Kirmes. Angst, dass ihr Neunjähriger ein Faible für Waffen entwickeln könnte, haben sie nicht. "Hier am Schießstand, das ist einfach nur Spaß. Dass das im richtigen Leben gefährlich ist, das weiß er natürlich. Das kann er schon sehr gut unterscheiden", erklärt Mutter Diana Ristoski.
Spielzeugpistolen bei Kindern gefragt
Am Stand gegenüber macht sich Seniorchef Helmuth Kreuels aus Düsseldorf bereit. Er bietet "American Boccio" an, ein Spiel, bei dem es darauf ankommt, Bälle über Bahnen ins Ziel zu bringen, ähnlich wie bei Mini-Golf, nur mit der Hand. Auf die Gewinner warten Blumen, Puppen, Plüschtiere und - Überraschung! - Spielzeugpistolen. Wollten die Schausteller darauf nicht freiwillig verzichten?
"Das ist Spielzeug, das sieht man doch, das ist völlig harmlos", sagt Kreuels. Vor Jahren habe er auch Spielzeugpistolen mit Kugeln im Sortiment gehabt, aber die habe er nach einem Hinweis vom Düsseldorfer Ordnungsamt rausgenommen. "Damit konnte man tatsächlich Leute verletzen. Aber nicht mit diesen Plastikdingern." Kreuels zeigt auf die Spielzeugpistolen in den durchsichtigen Plastikverpackungen an der Wand. "Die sind bei den Kindern gefragt!"
Selbstverpflichtung mit Interpretationsspielraum
Diese Erfahrung hat auch Konstanze Schmelter gemacht. Sie arbeitet an einem Stand, an dem die Besucher mit Angeln Enten aus dem Wasser fischen. Auch bei ihr gibt es immer noch Spielzeugpistolen und Spielzeuggewehre zu gewinnen. "Ich kann darauf verzichten, aber dann müssen es alle Schausteller hier tun. Sonst habe ich Nachteile." Das hört man auch an anderen Ständen.
Der von der Stadt Bocholt propagierte freiwillige Verzicht auf Spielzeugwaffen als Losgewinne ist gut gemeint, wird auf der Kirmes aber nicht eingehalten. "Da geht es ja vor allem um Spielzeugwaffen, die wie echte aussehen. Die haben wir auch nicht mehr", versichert Konstanze Schmelter.
Besucher sollen trotzdem Spaß haben
Zur Bocholter Herbstkirmes werden bis Montag 500.000 Menschen erwartet. Stadt und Polizei haben nicht nur die Innenstadt zur Waffenverbotszone erklärt. Sie haben auch ein Cannabiskonsumverbot verhängt. Polizei- und Ordnungskräfte aus Deutschland und den benachbarten Niederlanden sind verstärkt im Einsatz.
Bocholts Bürgermeister Thomas Kerkhoff verteidigte am Freitag das Sicherheitskonzept: "Wir glauben nicht, dass Leichtigkeit und Spaß dadurch verloren gehen. Es ist den Menschen gut zu vermitteln, dass dieses Konzept zu einem schönen Besuch auf der Kirmes beiträgt." Die Polizei spricht von vorbeugenden Maßnahmen. "Wir halten die nach dem Anschlag von Solingen für notwendig", erklärte Guido Helten von der Polizei Bocholt.
Unsere Quellen:
- Schausteller vor Ort
- Thomas Kerkhoff, Bürgermeister Stadt Bocholt
- Polizei Bocholt