Hausarzt-Versorgung auf dem Land vor dem Kollaps

02:36 Min. Verfügbar bis 09.05.2024

Ärztemangel auf dem Land: Situation der Hausärzte verschärft sich

Stand: 09.05.2023, 15:50 Uhr

Die hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen hat sich weiter verschlechtert. Das belegen neue Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Ein Hausarzt aus Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke warnt nun vor dem Kollaps.

Von Sonja Engelke

Alexander Blume ist überzeugter Landarzt. Der 47-Jährige kam 2015 mit seiner Familie aus Berlin ins beschauliche Dorf Windheim bei Petershagen, um hier eine Landarztpraxis zu übernehmen. Ein Glücksfall für die Gegend, denn oft gestaltet sich die Suche nach Nachfolgern von Hausärzten, die in den Ruhestand gehen, als schwierig.

Hausarzt Alexander Blume

Die anfängliche Euphorie ist inzwischen verflogen. Dr. Blume kann keine neuen Patienten mehr aufnehmen und führt eine Warteliste, auf der rund 100 Personen stehen, die einen Hausarzt suchen. „Wenn jemand wegzieht oder verstirbt, ist ein Platz wieder frei, dann kann jemand nachrücken“, erklärt er.

Unterversorgung in Westfalen nimmt zu

In Ostwestfalen-Lippe und Teilen Südwestfalens ist der Hausärztemangel am größten, teilt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe mit. Als ausreichend versorgt gelten Kommunen mit 1.607 Einwohnern pro Hausarzt.

Mehr als die Hälfte aller Kommunen in Westfalen erreicht diesen Versorgungsgrad nicht. In 20 Städten liegt der Versorgungsgrad sogar bei unter 85 Prozent, allen voran Petershagen, Bad Salzuflen und Brilon.

Was bringt die Landarztquote?

Um dem Hausärztemangel entgegenzuwirken, hat das Land Nordrhein-Westfalen 2019 die Landarztquote für Medizinstudierende eingeführt. Dabei werden 7,8 Prozent der Studienplätze an Bewerber vergeben, die sonst keinen Platz bekommen hätten. Im Gegenzug verpflichten sie sich, für zehn Jahre in einem unterversorgten Gebiet hausärztlich tätig zu sein.

Bis die ersten dieser angehenden Landärzte ihr Studium beendet und die Zulassung als Hausarzt bekommen haben, wird es jedoch noch Jahre dauern. „Bis dahin wird die hausärztliche Versorgung auf dem Land zusammengebrochen sein“, fürchtet Landarzt Alexander Blume.

Auf dem Land fehlen Hausärzte

WDR 2 Das Thema 15.02.2023 03:13 Min. Verfügbar bis 15.02.2027 WDR 2


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„Patienten stehen ohne Arzt da“

Dr. Blume fordert nun mehr Geld für die Hausärzte. „Das ist das einzige, was Attraktivität schafft“, sagt er, zumal er als Landarzt viele ältere Patienten habe, die kostenintensiver seien. Zu dieser Kategorie gehört auch Marlis Lange. Bei ihr muss Dr. Blume regelmäßig den Blutzuckerspiegel kontrollieren.

Sie ist froh, einen festen Hausarzt zu haben: „Er kennt mich von Anfang an, und zu ihm habe ich ein richtiges Vertrauensverhältnis aufgebaut.“ Für sie wird der 47-jährige Mediziner noch lange da sein. Für andere Patienten sieht er jedoch schwarz: „Über kurz oder lang werden die Hausarztpraxen ohne Nachfolger schließen. Dann stehen die Patienten ohne Arzt da.“