Unwetter, dunkle Wolken, Wiesen- und Waldlandschaft

Unwetter-Vorhersage: Im Sommer schwerer als im Winter

Stand: 05.06.2019, 11:35 Uhr

  • Meteorologe Schwanke: Sommergewitter meist lokal
  • Genaue Vorhersagen erst ein bis zwei Stunden vorher möglich
  • Nicht die Anzahl der Unwetter steigt, aber die Intensität

WDR.de: Wer sich in diesen Tagen über mögliche Gewitter informieren wollte, ist schnell verwirrt: Erst gibt es Warnungen, die werden dann zurückgenommen, später wieder ausgesprochen. Was macht die Vorhersage so schwierig?

Karsten Schwanke: Unwetter im Sommer sind schwieriger vorherzusehen, da die Gewitter oft nicht direkt an Wetterfronten hängen, die man leicht erkennen kann. Das Potenzial für ein Gewitter ist zwar meist relativ gut sichtbar. Allerdings bezieht man sich da auf ein viel größeres Gebiet. Am Dienstag (04.06.2019) zum Beispiel auf ganz Belgien, die Niederlande und Nordrhein-Westfalen. Überall dort hätte ein Gewitter entstehen können. Letztendlich ist es dann aber in der Regel nur ein Streifen von 20 oder 30 Kilometern, der wirklich das eine schwere Gewitter in sich trägt.

WDR.de: Wie genau entstehen diese schweren Gewitter?

Schwanke: Manchmal hat man drei Gewitterwolken im Abstand von 20 Kilometern. Bei einer von den Wolken sind aber vielleicht die Bedingungen durch Sonne, Wind oder Geographie etwas besser. Wenn sich dann dieses Gewitter stärker entwickelt, saugt es sozusagen die Energie der anderen beiden auf. So entsteht das eine Gewitter, das zerstörerisch sein kann. Das Hauptzentrum eines starken Gewitters zwölf oder sechs Stunden im Voraus zu prognostizieren, ist sehr schwierig. Das geht nur eine oder zwei Stunden vorher.

WDR.de: Ist die Vorhersage von Unwettern im Sommer schwieriger als im Winter?

Schwanke: In der Regel ja. Im Winter gibt es den klassischen Sturm wie z.B. Xaver im Jahr 2013. Eine Kaltfront mit sehr starkem Wind kann man lokal relativ sauber einordnen und auch zeitlich gut vorhersehen. Es gibt aber auch im Sommer Gewitter, die an einer Kaltfront hängen. Am Mittwochabend (05.06.2019) zum Beispiel zieht eine solche über NRW. Da ist jetzt schon klar: Im Westen des Landes wird es gewittern.

WDR.de: "Gefühlt" nimmt die Anzahl der Unwetter hierzulande zu - diese Aussage hört man oft. Was sagen Sie als Wissenschaftler zu solchen Gefühlen?

Schwanke: Bei Unwettern herrscht eine große Variabilität. Es gibt Jahre wie 2018, da hatte man stabile Hochdruckwetterlagen und es gab deutlich weniger Unwetter. Im Sommer 2016 hingegen gab es an fast jedem Tag Unwetter in Deutschland, zum Teil mit dramatischen Ereignissen. Die Auswertungen der letzten Jahre zeigen: Nicht die Anzahl der Unwetter steigt, wohl aber deren Intensität.

Das Interview führte Ingo Neumayer.

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