Corona-Impfstoff landet im Müll: Muss das sein?

Stand: 31.12.2020, 12:51 Uhr

Seit dem Weihnachts-Wochenende wird in Deutschland gegen das Corona-Virus geimpft. Dabei haben Ärzte festgestellt, dass sie aus dem angelieferten Impfstoff mehr Dosen gewinnen können als von der EMA empfohlen.

Der Impfstart in Deutschland verlief schleppend. Zum Start am Sonntag hatten die mobilen Impfteams in jedem Kreis bzw. jeder Großstadt lediglich 180 Dosen zur Verfügung. Damit wurden zunächst Bewohner in wenigen Pflegeheimen geimpft.

Fläschchen enthalten mehr Impfstoff als gedacht

Schon bald aber stellten einzelne Impfteams fest, dass sie aus den kleinen Fläschchen mit dem Impfstoff von Biontech mehr Impfdosen gewinnen können, als es die EMA empfiehlt. Die gibt vor, aus den kleinen Fläschchen je fünf Impfdosen à 0,3 ml zu extrahieren, nachdem der Impfstoff in der Durchstechflasche verdünnt wurde.

Doch im Kreis Wesel haben Ärzte aus den Durchstechfläschchen teils sechs oder sieben Dosen gewonnen und konnten so 50 zusätzliche Personen impfen, nämlich medizinisches Personal, also Pfleger und Ärzte im Corona- und Intensivbereich eines Krankenhauses. Deutschlandweit könnten so deutlich mehr Menschen mit der selben Menge Impfstoff geimpft werden als gedacht.

BioNTech Antrag bei EMA: Dosis-Empfehlung könnte sich ändern

Aus Sicht der EMA lagen keine Belege dazu vor, dass sich konstant sechs Impfdosen aus einer Flasche extrahieren lassen. Deshalb gab es die Empfehlung, nicht verwendeten Impfstoff sechs Stunden nach der Verwendung zu entsorgen.

Das könnte sich nun ändern: Der Impfstoffhersteller BioNTech hat bei der EMA beantragt, die Zulassung zu ändern - um künftig sechs statt fünf Dosen aus einer Flasche gewinnen zu können. Das hat BioNTech dem WDR bestätigt. Voraussetzung dafür sei aber, dass entsprechende Spritzen oder Nadeln verwendet würden - nicht mit allen Spritzen lassen sich mehr als fünf Dosen aus einer Durchstechflasche extrahieren.

Die EMA hatte vor dem Antrag von BioNTech schon bekanntgegeben, schnell über eine solche Änderung der Zulassung zu entscheiden. Andere Arzneimittelbehörden geben diese Empfehlung schon: so zum Beispiel die FDA in den USA oder Swissmedic in der Schweiz. Wichtig sei grundsätzlich, dass immer die vorgegebene Menge von 0,3 ml Impfstoff verabreicht werde.

Spahn: "Bundesregierung hat über Zusatzdosen informiert"

Die EMA weist daraufhin, dass die verbleibende Impfstoffmenge nach fünf Dosen noch für eine volle Dosis ausreiche müsse. Ansonsten müsse der Rest entsorgt werden und "unter keinen Umständen darf überschüssiger Impfstoff aus mehreren Durchstechflaschen zu einer Dosis vereint werden". Dabei könnte der Impfstoff verunreinigt werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, dass man bereits am Sonntag alle Bundesländer darüber informiert habe, dass sich bis zu sechs Impfdosen aus einem Fläschchen gewinnen lassen. Auch das NRW-Gesundheitsministerium hat am Dienstag seine Handreichungen dazu präzisiert.