Warnung vor Nachlässigkeit - jeder Zehnte geht krank mit Corona zur Arbeit

Stand: 17.10.2022, 15:33 Uhr

Laut einer Krankenkassenstudie geht fast jeder zehnte Befragte trotz Corona mit milden Symptomen zur Arbeit. Aus NRW kommt Kritik, das Verhalten sei unverantwortlich.

Von Benjamin Sartory

"Es ist unverantwortlich, krank zur Arbeit zu gehen", sagte heute die NRW-Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, DGB, Anja Weber. Betroffene würden schließlich nicht nur sich selbst, sondern auch Kolleginnen und Kollegen gefährden. "Wer krank ist, gehört ins Bett, beziehungsweise auskuriert", so Weber.

Hintergrund ist eine repräsentative Studie der Betriebskrankenkasse Pronova BKK zum Thema "Krankheit und Arbeit". Demnach geht von rund 1.200 Befragten fast jeder zehnte trotz positivem Corona-Test zur Arbeit, ein milder Verlauf vorausgesetzt. Bei anderen Infektionskrankheiten tut das laut der Studie sogar jede und jeder Fünfte.

NRW-Gesundheitsministerium zeigt kein Verständnis

Doch wer mit Corona zur Arbeit geht, verstößt gegen die aktuellen Isolationsregeln. Demnach müssen sich positiv getestete Menschen grundsätzlich zehn Tage absondern, nach fünf Tagen dürfen Betroffene sich freitesten.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte zuletzt klar gemacht, dass er diese Regeln beibehalten will. Sein Ministerium äußerte sich heute schriftlich zu der Krankenkassenstudie:

"Wir haben kein Verständnis dafür, dass Personen mit einem positiven Corona-Testergebnis zur Arbeit gehen. Das ist nicht verantwortungsvoll. Wer krank ist, sollte nicht arbeiten." NRW-Gesundheitsministerium

Corona-Erkrankte können auch andere gefährden

So sehen das auch Vertreter von vulnerablen Einrichtungen. Die St. Augustinus-Gruppe in Neuss zum Beispiel betreibt unter anderem mehrere Krankenhäuser und Seniorenunterkünfte. Beschäftigte mit Corona müssten natürlich zu Hause bleiben, erklärt Unternehmenssprecherin Christina Jacke.

Denn ein Ausbruch hätte in solchen Einrichtungen besonders gravierende Folgen: "Dann fehlen Mitarbeitende und gleichzeitig sind vulnerable Gruppen in Gefahr."

Auch Unternehmerverband will keine Corona-Infizierten auf der Arbeit

Bleibt die Frage, warum Beschäftigte krank zur Arbeit gehen. "Manche haben Sorgen, als faul zu gelten oder den Kolleginnen und Kollegen die Vertretung zuzumuten", meint Dr. Gerd Herold, Beratungsarzt bei der Pronova BKK, die die Studie gemacht hat. Offenbar habe sich daran trotz der Erfahrungen mit dem Infektionsschutz in der Corona-Pandemie nichts geändert.

Das sei so nicht gewollt, betonten heute die Arbeitgebervertreter des Verbandes "unternehmer nrw". Tanja Nackmayr, die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin sagte:

"Es liegt nicht im Interesse der Unternehmen, wenn Mitarbeiter mit Corona infiziert zur Arbeit kommen. Die Unternehmen haben viele Schutzmaßnahmen umgesetzt, um Infektionen am Arbeitsplatz zu verhindern. Falsch verstandenes Verantwortungsbewusstsein sollte dies - auch im Sinne der Kollegen - nicht konterkarieren." Tanja Nackmayr von "unternehmer nrw"

DGB fordert besseres Arbeitsklima

Anja Weber vom DGB NRW sieht die Chefinnen und Chefs jetzt in der Pflicht. Sie müssten ihrer Belegschaft klar machen, dass sie sich bei Erkrankungen auskurieren sollen. "Das schafft man, wenn man ein Arbeitsklima fördert, in dem klar wird: Hier wird Wert auf Erholungszeiten gelegt", sagt Weber.