Bewerbungsfoto mit KI aufpolieren: Klappt das?

WDR aktuell 27.07.2023 12:52 Min. Verfügbar bis 27.07.2025 WDR Von Alexander Klein

Remini: Bewerbungsfoto mit Künstlicher Intelligenz?

Stand: 28.07.2023, 06:00 Uhr

Wenn KI ein Bewerbungsfoto baut, hat man vielleicht plötzlich sechs Finger an einer Hand. Dennoch begeistert die Tiktok-App Remini gerade Millionen Nutzer. Aber taugen die Fotos wirklich für eine Bewerbung?

Von Nina Magoley

Wer auf der Suche nach einem Job ist, kommt in der Regel an einer Hürde nicht vorbei: Ein knackiges Bewerbungsschreiben muss her. "Aussagekräftig" soll es sein - das ist meist die Standardforderung - und bestenfalls mit Bild. Das aber stellt manchen vor eine Herausforderung.

Neue Apps sollen dabei helfen, aus sich selber eine Erscheinung zu machen, die jeden Arbeitgeber überzeugt. Das hoffen jedenfalls die Nutzer der von Tiktok angebotenen App "Remini".

Das Gesicht schimmert künstlich

Dort ging gerade das Video einer jungen Frau viral, die darin ihre Verwandlung durch die Remini-App zeigt. Innerhalb weniger Tag generierte das Video mehr als 40 Millionen Aufrufe. Auf dem ersten Foto sieht man Nutzerin "gracesplace" im Selfie - in einem ärmellosen Top, mit halbwegs natürlichem Lachen, offenen Haaren, im Auto sitzend. Dann folgen Bewerbungsfotos von ihr, die die künstliche Intelligenz der App aus diesem Bild geschaffen hat: im grauen Business-Blazer und mit glatt gekämmten Haaren, im knallig orangen Blazer oder mit sorgfältig gewellter Mähne und goldenen Ohrringen, in einer weißen Bluse, im cremefarbenen Business-Anzug. Immer ist ihr Teint strahlend, ihr Gesicht schimmert leicht künstlich.

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Die Kommentare zum Video sind fast durchweg begeistert: "Genial", "der orange Blazer ist so hübsch". Dass im letzten Bild die Finger der Hand, die lässig in die Tasche der Anzughose geschoben ist, merkwürdig lang aussehen, scheint niemandem aufzufallen.

Die Finger seien eine von mehreren Schwachstellen der KI solcher Apps, sagt Aron David, Host beim WDR-Nachrichtenformat tickr. Mal erscheinen sie zu lang, mal hat man plötzlich sechs an einer Hand. Und überhaupt: Aron David hat mit der Remini-App den Selbsttest gemacht - und ist bislang nicht wirklich überzeugt.

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Remini-App im Selbstest

Als die App ihm die ersten KI-generierten Fotos von sich im Business-Anzug und mit smartem Lächeln anzeigte, habe er gedacht: "Das bin doch nicht ich." Die Haut viel glatter, die Zähne anders, auch in der Pose habe er sich nicht wiedererkannt. Freunde, denen er die Bilder zeigte, waren dagegen begeistert. Sein Fazit: "Superspannend - aber im echten Leben würde ich mich nicht trauen, so ein Bild für eine Bewerbung zu benutzen." Zu groß sei ihm das Risiko, dass der Unterschied zwischen Foto und Realität beim Bewerbungsgespräch negativ auffallen könnte.

"Junge Unternehmen erwarten keine echten Fotos"

Das hänge voll und ganz von der Art des Unternehmens ab, bei dem man sich bewerben will, sagt Stefan Gerth vom Bochumer Portal Bewerbung.net. Eine junge Agentur beispielsweise habe gar nicht die Erwartung, dass der Bewerber im echten Leben genauso aussieht, wie auf dem Foto – "die kennen solche Tools und wissen das vorher". Grundsätzlich müsse man sehr gut abwägen: Was ist das für ein Unternehmen, welche Kultur hat es, passt das wirklich? "Da muss man einfach seinen gesunden Menschenverstand nutzen."

Ein KI-generiertes Bewerbungsfoto sei dann eine gute Lösung, wenn es schnell gehen muss. "Wenn beispielsweise ein Arbeitgeber im Telefongespräch sagt, 'hey, schick mir doch einfach mal schnell Deine Unterlagen'." Möglicher Vorteil eines KI-generierten Fotos: Man signalisiert dem Arbeitgeber schon, dass man sich für solche Tools und Techniken interessiert, offen dafür ist, damit umgehen kann. "Man zeigt: Ich kenne solche Apps und Trends, ich verstehe Eure Kultur."

Ein weiterer möglicher Vorteil: Per KI lasse sich aus einem Bewerbungsfoto "etwas Kreatives" machen - zum Beispiel mit einem besonderen Hintergrund, mit besonderer Kulisse, die vielleicht sogar das neue Arbeitsfeld darstellt. Aber: Sich für einen Job bei der Deutschen Bank vor deren Hochhaus in Frankfurt zu platzieren würde lächerlich wirken, warnt Gerth.

"Besser zum Fotografen seines Vertrauens"

"Wenn Zeit und Geld vorhanden sind", rate er immer noch, zum Fotografen seines Vertrauens zu gehen: "Da kann man persönliche Interessen besprechen und gemeinsam Ideen entwickeln, wie das Foto aussehen soll." Und ob oldschool oder KI: "Mit einem Bewerbungsfoto muss ich mich selber wohlfühlen! Wenn dem nicht so ist: nicht abschicken!"