Neue Kennzeichnung für Tierhaltung: Kaufen die Menschen dann teureres Bio-Fleisch?

Stand: 07.06.2022, 20:22 Uhr

Bessere Tierhaltung macht Fleisch deutlich teurer. Doch sind Verbraucher das in Zeiten von ohnehin steigenden Lebensmittelpreisen bereit zu zahlen? Bio-Landwirt Klaus Bird glaubt: Ja, zumindest einige. Dennoch sieht er Probleme.

Eingepfercht in engen Ställen, oft ohne Auslauf: So sieht das Dasein von vielen Schweinen, Hühnern & Co. aus. Tierwohl kommt dabei deutlich zu kurz, wodurch nicht zuletzt auch die Fleischqualität leidet. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will nun mit einem fünfstufigen Tierlabel Verbraucher dazu motivieren, mehr Geld für besseres Fleisch auszugeben. Am Dienstag stellte er Eckpunkte für eine verbindliche, staatliche Tierhaltungskennzeichnung vor.

Fünfstufiges Modell beim Tierlabel geplant

Özdemir peilt ein fünfstufiges Modell an. Daran sollen Verbraucherinnen und Verbraucher ablesen können, wie viel Platz den Tieren während der Mast zur Verfügung stand und wie komfortabel ihre Ställe waren.

  • Haltungsform "Stall": Hier werden die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt.
  • Haltungsform "Stall+Platz": Die Tiere bekommen 20 Prozent mehr Raum.
  • Haltungsform "Frischluftställe": Hier sind die Ställe mindestens auf einer Stelle offen.
  • Haltungsform "Auslauf/Freiland": Die Tiere dürfen mindestens acht Stunden ins Freie.
  • Haltungsform "Bio": Größere Auslaufflächen und noch mehr Platz im Stall.

Einführung im Laufe des kommenden Jahres geplant

Die Haltungskennzeichnung soll erst im Laufe des kommenden Jahres eingeführt werden - falls Bundestag und Bundesrat den Plänen zustimmen. Allerdings gilt die Kennzeichnungspflicht zunächst nur für frisches Schweinefleisch. Andere Produkte sollen später dazukommen.

Je nach Haltungsform kann der Fleischkauf durchaus ins Geld gehen. Verbraucherinnen und Verbraucher, die etwa Bio-Fleisch kauften, müssen "den vier-, fünf- vielleicht sogar den sechsfachen Preis" im Vergleich zu Waren aus der Haltungsform "Stall" zahlen, sagt der Bio-Bauer Klaus Bird aus Kamp-Lintfort dem WDR.

Ob dazu die Menschen angesichts der ohnehin schon explodierenden Lebensmittelpreise bereit sind? "Bei uns gibt es noch Leute, die das zahlen", glaubt Bird. Vor allem wenn sie "ganz genau wissen, wie die Tiere gehalten wurden".

30 Prozent Bio im Einkaufswagen?

Bauer Klaus Bird aus Kamp-Lintfort auf einem Feld. Im Hintergrund ein Schwein

Bauer Klaus Bird aus Kamp-Lintfort

Dennoch sieht der Bio-Bauer einige Probleme. Zum Beispiel mit Blick auf die von der Politik angedachte 30 Prozent Biohaltung, die die Landwirtschaft realisieren soll. Ob man diesen Prozentteil Biohaltung generell auch bei der Vermarktung hinbekomme, sei "schwierig". Man könne nicht sagen, die Landwirtschaft müsse 30 Prozent Bio in der Produktion machen, ohne den Verbrauchern "aufs Auge zu drücken, dass sie 30 Prozent Bio im Einkaufswagen haben sollen". Dies sei jedoch kaum umsetzbar.

Was aus Sicht von Bird ebenfalls nicht funktionieren wird: Konsumenten dazu zu bringen, dass sie in fünf bis sechs Jahren alle grundsätzlich deutlich mehr Geld für eine andere, sprich: bessere Tierhaltung ausgeben. "Da müssen dann vielleicht auch andere Lösungen her."

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