Christian Lindner (Rechts) und Robert Habeck (Links)

Streit um Wirtschaftspolitik: Was Lindner und Habeck trennt

Stand: 04.11.2024, 18:24 Uhr

Zwei Papiere liegen auf dem Tisch zur Rettung der Konjunktur in Deutschland: Sie könnten unterschiedlicher kaum sein.

Von Wolfgang Landmesser

Robert Habecks (Grüne) „Update für die Wirtschaft“ und Christian Lindners (FDP) „Wirtschaftswende Deutschland“: Zwei Konzepte zur Rettung der Konjunktur in Deutschland prallen aufeinander.

Was Habeck und Lindner grundsätzlich trennt

Bundesfinanzminister Lindner setzt konsequent auf marktwirtschaftliche Instrumente. Er will die Unternehmen vor allem durch Steuersenkungen entlasten. Gleichzeitig hält er an der Schuldenbremse fest – für ihn der "Stabilitätsanker".

Eine "Investitions- und Wachstumsbremse" ist die Schuldenregel im Grundgesetz dagegen für Bundeswirtschaftsminister Habeck. Der Staat hat eine zentrale Rolle beim Aufbau einer klimaneutralen Wirtschaft, findet er. Ohne mehr Flexibilität beim Schuldenmachen ließen sich die notwendigen Investitionen nicht stemmen.

Raus aus dem Konjunkturtief – aber wie?

Die Unternehmenssteuern in Deutschland sind höher als in anderen Industrieländern, schreibt Lindner; die Steuern müssten allgemein runter. Sofort ließe sich der Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen. Im Moment zahlen die reichsten Einkommensbezieher noch den Soli.

Habeck will Unternehmen nicht allgemein entlasten – sondern gezielt belohnen. Der Wirtschaftsminister hat vorgeschlagen, für jede Investition einen Zuschuss von zehn Prozent zu zahlen.

Bürokratieabbau – aber wie radikal?

Unterschiedliche Pläne verfolgen Lindner und Habeck auch beim Thema "Bürokratieabbau". Der Finanzminister ist deutlich radikaler – und fordert einen Stopp für alle Gesetze, die den Unternehmen Pflichten auferlegen: Das Lieferkettengesetz oder das Tariftreuegesetz zum Beispiel.

So weit will der Wirtschaftsminister nicht gehen. Ihm geht es vor allem um mehr Tempo für Klimaschutzprojekte – den Bau von Windturbinen, Wasserstoffleitungen oder klimaneutralen Fabriken.

Ja zu klimaneutral – aber unterschiedlich schnell 

Christian Lindner setzt beim Kampf gegen klimaschädliche Emissionen ganz auf den Zertifikate-Handel. Der Markt würde es schon regeln, wenn demnächst alles einen CO2-Preis hat. Einspeisevergütungen für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen und Windparks will er komplett streichen. Auch sonstige klimapolitische Vorgaben – Energieeffizienz-Regeln oder CO2-Grenzwerte für Kfz-Flotten – können aus seiner Sicht weg.

Habeck geht da nicht mit. Er will vor allem Unternehmen beim Weg in die Klimaneutralität unterstützen. Zum Beispiel durch sogenannte Klimaschutzverträge, wenn Firmen ihre Energieversorgung auf erneuerbare Quellen umstellen.

Subventionen – kann weg oder dringend notwendig?

Die Milliardenzuschüsse für den Bau von Chipfabriken: Auch hier will Finanzminister Lindner möglichst ganz aussteigen. Die amerikanischen Hersteller Intel und Wolfspeed hatten in den letzten Wochen angekündigt, vorerst nicht in Deutschland zu investieren. Die versprochenen Subventionen will er in den Bundeshaushalt stecken – und damit Bildung oder Forschung finanzieren.

Wirtschaftsminister Habeck will an den Projekten festhalten. Dahinter steckt die Idee, Deutschland und Europa unabhängiger zu machen von den Halbleiter-Lieferungen aus den USA und Taiwan. Für ihn eine Lehre aus der Pandemie, als ganze Fabriken stillgelegt waren, weil der Chip-Nachschub abgerissen war.

Nur Zoff – oder geht noch was?

Weil die Ansätze so verschieden sind, ist kaum mit einer Einigung zwischen Lindner und Habeck zu rechnen – und schon gar nicht mit einem großen wirtschaftspolitischen Wurf.

Beim Bürokratieabbau könnte es noch etwas Potential geben. Oder bei den Energiekosten für Unternehmen, die beide senken wollen. Also Punkte, die schon im Wachstumspaket der Ampel aus dem Sommer stehen. Aber das wird nicht reichen, um die Stimmung in der deutschen Wirtschaft zu drehen – und den Streit zu beenden.

Unsere Quellen:

  • Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen: „Wirtschaftswende Deutschland – Konzept für Wachstum und Generationengerechtigkeit“
  • Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz: „Update für die Wirtschaft – Impuls für eine Modernisierungsagenda“