Wasserkrise in Sizilien | sv
00:22 Min.. Verfügbar bis 06.08.2026.
Dürre in Süditalien: Das Wasser in Sizilien wird knapp
Stand: 06.08.2024, 11:34 Uhr
Ausgetrocknete Seen, verdorrte Felder: Nach einem Jahr fast ohne Regen leidet Sizilien unter einer extremen Wasserkrise. Eine Wasserrationierung für den Tourismus ist dennoch kein Thema.
Für Sizilien sind lange Trockenperioden nichts Ungewöhnliches. Aber die extreme Dürre, die schon das ganze Jahr auf der italienischen Insel herrscht, stellt alles in den Schatten. Laut der regionalen Zivilschutzbehörde ist 2024 bislang das regenärmste Jahr seit mehr als zwei Jahrzehnten. Auf rund 70 Prozent der Insel herrscht seit Monaten extreme Trockenheit, es drohen Ernteausfälle und teilweise müssen Bauern ihr Vieh notschlachten lassen, weil sie es nicht mehr versorgen können.
Ausgetrockneter Lago Fanaco in Sizilien
Inzwischen weist auch das Auswärtige Amt in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen auf die Dürre in Teilen Italiens hin. Zitiert werden die Dürrewarnungen der italienischen Regierung für Sizilien (höchste Warnstufe) sowie für die Regionen Marken, Latium, Umbrien, Abruzzen, Molise, Apulien, Kampanien, Kalabrien, Basilikata sowie für Sardinien (zweithöchste Warnstufe).
Stausee völlig ausgetrocknet
Die Landwirtschaft leidet besonders
Der Lago Fanaco, der die Provinz Agrigent an der Südwestküste mit Wasser versorgt, hält während einer durchschnittlichen Regensaison gewöhnlich bis zu 18 Millionen Kubikmeter Wasser. Aber diesmal waren es im April weniger als zwei Millionen Kubikmeter. Jetzt ist der Stausee fast völlig ausgetrocknet. Das Erzbistum in der Provinz rief die Gläubigen zum Gebet auf, "um die Gabe des Regens, der die Erde fruchtbar mache, den Menschen wieder aufrichte und seinen Durst lösche".
Bis es so weit ist, muss das Militär aushelfen. Ende Juli traf zum ersten Mal ein Tankschiff der italienischen Marine ein, mit zwölf Millionen Litern Wasser für die am stärksten betroffenen Einwohner auf Sizilien. Für eine Millionen Menschen in der Provinz Agrigent ist Wasser weiterhin streng rationiert. Am Freitag versammelten sich die Menschen in der Stadt Agrigent zu einem Protestmarsch und forderten die Regierung dazu auf, etwas gegen die Wasserkrise zu unternehmen.
Tourismus muss versorgt werden
Die Pools sind immer gut gefüllt
Trotz der Wasserkrise strömen Touristen weiter zu den Stränden Südsiziliens und stehen Schlange, um die Überreste antiker griechischer Kolonien zu sehen. Das sogenannte Tal der Tempel, das im vergangenen Jahr mehr als eine Million Touristen angezogen hat, wird dafür bei der Versorgung priorisiert. Weiterhin können Hotels ihre Pools füllen, auch wenn nur wenige Kilometer entfernt die Ortsansässigen auf Lieferungen mit Tanklastwagen angewiesen sind. Eine Rationierung für Touristen wäre "Wahnsinn", warnt der Vorsitzende des sizilianischen Hotelverbands, Nico Torisi.
"Strukturelle Probleme" im Wassernetz
Wasser ist extrem kostbar geworden
Im Mai hat die Regierung in Rom einen Dürrenotstand ausgerufen und 20 Millionen Euro zum Kauf von Tankwagen und zum Bohren von neuen Brunnen bereitgestellt. Auch sollen mit dem Geld Wasserwerke modernisiert und undichte Aquädukte repariert werden. "Wir arbeiten hart daran, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen der Dürre zu mildern, von der Sizilien und viele andere Mittelmeerregionen betroffen sind", erklärte der Präsident der Region Sizilien, Renato Schifani. Es seien jedoch mehr Anstrengungen nötig, um die seit langem vorherrschenden "strukturellen Probleme" im sizilianischen Wassernetz zu lösen.
Forscher rechnen mit längeren Dürreperioden
In Südsizilien liegen die Temperaturen zurzeit um zwei Grad über dem Durchschnitt der Zeit zwischen 1991 und 2020, wie aus dem von der Umweltorganisation Climate Central entwickelten Climate Shift Index hervorgeht. Laut einer aktuellen Studie des Max-Planck-Instituts steigt die Wahrscheinlichkeit von extremen Hitze- und Dürreperioden wie jetzt in Sizilien schon in den nächsten zwei Jahrzehnten stetig an. Bis 2050 bestehe eine zehnprozentige Wahrscheinlichkeit, dass es in zwei aufeinander folgenden Jahren zu extremen Hitzeperioden kommt. Darüber hinaus könne es bis zum Ende des Jahrhunderts auch europaweite fünfjährige Dürreperioden geben.
Unsere Quellen:
- Deutsche Presse Agentur
- Katholische Nachrichten-Agentur
- Associated Press
- Agence France Press
- Max-Planck-Gesellschaft