Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, hält beim Verlassen einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses auf dem Capitol Hill eine US-amerikanische Flagge.

Selenskyj hält umjubelte Rede in Washington

Stand: 22.12.2022, 09:27 Uhr

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zu seinem ersten Auslandsbesuch seit Kriegsbeginn in den USA. Er hielt vor den US-Abgeordneten in Washington eine umjubelte Rede.

Mit einer Rede vor dem US-Kongress hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unter dem Jubel der Abgeordneten den Vereinigten Staaten für ihre Unterstützung gegen den russischen Angriffskrieg gedankt.

"Trotz aller Widrigkeiten und Untergangsszenarien ist die Ukraine nicht gefallen." Wolodymyr Selenskyj

"Die Ukraine ist gesund und munter", sagte Selenskyj am Mittwochabend (Ortszeit) vor den beiden Kammern des Parlaments in Washington bei seiner ersten offiziellen Auslandsreise in Kriegszeiten. Die Ukraine halte ihre Stellungen und werde sich "niemals ergeben".

Zugleich betonte er die historische Bedeutung des Verteidigungskampfes für die Demokratie. Er machte aber deutlich, dass es für einen Sieg seines Landes weitere schwere Waffen brauche. Donnerstag ist Tag 302 des Krieges.

Selenskyj: "Ihr Geld ist keine Wohltätigkeit"

Der ukrainische Präsident betonte vor den Demokraten und Republikanern im Kongress, dass die Militärhilfe nicht abreißen dürfe. "Die Ukraine hat die amerikanischen Soldaten nie gebeten, an unserer Stelle auf unserem Land zu kämpfen. Ich versichere Ihnen, dass ukrainische Soldaten amerikanische Panzer und Flugzeuge perfekt selbst bedienen können", sagte er. Aber die bislang gelieferte Artillerie reiche nicht aus.

"Ihr Geld ist keine Wohltätigkeit, es ist eine Investition in die globale Sicherheit und Demokratie, mit der wir auf höchst verantwortungsvolle Weise umgehen." Wolodymyr Selenskyj

Die Republikaner hatten zuletzt angedeutet, bei den Ukraine-Hilfen auf die Bremse treten zu wollen. Selenskyj machte klar, dass es bei dem Krieg gegen die Ukraine nicht nur um das Schicksal der Ukrainer gehe. "Der Kampf wird definieren, in welcher Welt, unsere Kinder und Enkelkinder leben werden, und dann ihre Kinder und Enkelkinder", warnte er. Ein russischer Angriff gegen Verbündete sei nur eine Frage der Zeit. Die Welt sei zu sehr vernetzt, als dass sich irgendjemand sicher fühlen könne, wenn der russische Angriff weiterginge. "Ukrainischer Mut und amerikanische Entschlossenheit" müssten die Zukunft der Freiheit garantieren.

Patriot-Raketen an die Ukraine

US-Präsident Joe Biden hatte zuvor die Solidarität der USA zugesichert. "Wir werden weiterhin die Fähigkeit der Ukraine stärken, sich selbst zu verteidigen, insbesondere die Luftverteidigung, und deshalb werden wir der Ukraine Patriot-Raketenbatterien bereitstellen", sagte Biden bei Selenskys Besuch im Weißen Haus.

Das Luftabwehrsystem Patriot wurde vom US-Militär entwickelt und kann Flugzeuge, Marschflugkörper, Drohnen oder Raketen auch in größerer Entfernung abschießen. Experten zufolge könnte sich der Verlauf des Krieges in der Ukraine durch den Patriot-Einsatz entscheidend ändern.

Durch das Patriot-System erhöhten sich die Chancen der Ukraine, mehr russische Luftangriffe als bislang abzuwehren, sagte der Journalist und Verteidigungsexperte Thomas Wiegold dem WDR. Moskau hatte Washington zuletzt vor einer Patriot-Lieferung gewarnt.

Werden ukrainische Soldaten in Deutschland ausgebildet?

Ein hochrangiger US-Regierungsvertreter sagte, die ukrainischen Streitkräfte würden in einem Drittland am Patriot-System ausgebildet. Welches das sei, ließ er offen. Wahrscheinlich ist, dass ukrainische Soldaten - wie auch bei anderen Waffensystemen schon praktiziert - auf NATO-Stützpunkten in Deutschland ausgebildet werden.

Wie der US-Sender "CNN" berichtete, soll die Ausbildung auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern geschehen. Dort waren Ukrainer bereits an anderen Waffensystemen wie dem Raketenwerfer Himars oder der Haubitze M777 geschult worden.

Erste Auslandsreise seit Kriegsbeginn

Die Reise in die USA ist Selenskyjs erster Auslandsaufenthalt seit Kriegsbeginn am 24. Februar. Für Auftritte auf der politischen Weltbühne - etwa beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau - ließ er sich stets aus der Ukraine zuschalten. Dass Selenskyj bei seinem symbolträchtigen Staatsbesuch nach Washington und nicht nach Berlin, Brüssel, Paris oder London reist, kommt für den Militärexperte Wiegold "nicht überraschend". Die USA seien nun mal "der wichtigste Lieferant für Waffen an die Ukraine".

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Russland kritisiert Selenskyjs USA-Besuch

Russland hat Selenskyjs Reise und die angekündigten neuen Waffenlieferungen kritisiert. "Das alles führt zweifellos zu einer Verschärfung des Konflikts und verheißt an sich nichts Gutes für die Ukraine", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Parallel zu Selenskyjs Flug in die USA hat Kremlchef Wladimir Putin in Moskau eine erweiterte Sitzung des Verteidigungsministeriums geleitet. Dabei hat er den Streitkräften die volle Unterstützung bei den Kämpfen gegen die Ukraine zugesagt. Es gebe dafür von der Regierung keine finanziellen Grenzen, sagt Putin.

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Er sehe eine Ursache für den Krieg in einer Gehirnwäsche der ehemaligen Sowjetrepubliken durch "geopolitische Rivalen". Vor allem die Ukraine sei aus seiner Sicht manipuliert worden. Was jetzt passiere, sei nicht das Ergebnis russischer Politik, sondern Frucht der Politik von "Drittländern".

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