Falsche Erdbeben-Warnung in NRW: Was wir wissen

Stand: 15.02.2023, 16:32 Uhr

Die Polizei in NRW hat in der Nacht viele Anrufe von besorgten Menschen aus der rumänischen Community bekommen. Über Social Media wurde offenbar vor einem anstehenden Erdbeben gewarnt. In Köln liefen Menschen sogar auf die Straße.

Von Uli Spinrath

Eine Falschmeldung über ein bevorstehendes Erdbeben in Nordrhein-Westfalen hat in der Nacht viele Menschen in Panik versetzt.

Was ist passiert?

Seit 23 Uhr gestern Abend haben Polizei-Leitstellen in ganz NRW Anrufe von Menschen bekommen, die Angst vor einem bevorstehenden Erdbeben hatten. Daraufhin gab es auch Polizei-Einsätze unter anderem in Köln und Duisburg. Dort waren im Norden der Stadt sogar rund 1.000 Menschen auf der Straße - aus Angst vor einstürzenden Gebäuden.

Die Beamten stellten mit Lautsprecherdurchsagen klar, dass kein Erdbeben drohe. Auch am Kölnberg, einer Hochhaussiedlung im Südwesten von Köln, waren Menschen aus den Gebäuden gelaufen. Anrufe gab es auch in Aachen, Krefeld, Bochum, Gladbeck, Gelsenkirchen und anderen NRW-Städten. Die Polizei spricht von einem "neuen Phänomen". Laut Polizei waren überwiegend Menschen aus der rumänischen Community betroffen.

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Wie kam es zu der Falschinformation?

Hochhaussiedlung Kölnberg im Südwesten von Köln

Hochhaussiedlung Kölnberg im Südwesten von Köln

Tatsächlich gab es gestern Nachmittag in Rumänien ein Erdbeben der Stärke 5,6. Passiert ist aber kaum etwas. Der Geologe Stefan Stürmer von der Website "Erdbebennews" vermutet, dass Menschen aus Rumänien Verwandte oder Freunde in Deutschland gewarnt haben, dass so etwas auch hier passieren könnte.

Die Menschen am Kölnberg haben der Polizei von Warnungen in Facebookgruppen erzählt. Die Website wetteronline.de hat ein Video erstellt, das mit einem Sirenenwarnton und einer Deutschlandkarte grundsätzlich vor möglichen Erdbeben warnt. Dieses Video wurde bei Tiktok geteilt und hat vermutlich auch zur Weiterverbreitung der Falschinformation beigetragen. Insgesamt gab es offenbar mehrere Quellen, die dann innerhalb kürzester Zeit zu einem Schneelballeffekt geführt haben.

Können Erdbeben vorhergesagt werden?

Nein, sagen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das liegt daran, dass Erdbeben in zwei Phasen auftreten. Erst kommen leichte Wellen an, die wir Menschen nicht spüren können. Danach kommen die starken Wellen, die die Schäden verursachen. Dazwischen liegen aber nur Sekunden bis zu einer Minute.

Es lassen sich durch den in dieser Spanne ausgelösten Alarm höchstens noch Fahrstühle stoppen, Ampeln auf rot schalten oder Gasleitungen sperren. Frühere Warnungen sind nach aktuellem Stand der Wissenschaft noch nicht möglich.

Wie wahrscheinlich sind Erdbeben in Deutschland?

"Die Wahrscheinlichkeit für starke Beben in Deutschland wird als gering bis mittel eingestuft, sollte aber in Risikogebieten nicht unterschätzt werden. Risikogebiete in Deutschland liegen in der Kölner Bucht, südlich von Tübingen in der Schwäbischen Alb, im südlichen Rheingraben sowie in der Umgebung von Gera", schreibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe auf seiner Webseite.

Die Grafik zeigt die Gefährdungsgrade für Erdbeben in Deutschland.

Erdbebenzonen in Deutschland

Die Karte zeigt, wo in Deutschland Beben möglich sind. Dargestellt sind die Flächenbereiche der Erdbebenzonen 0 bis 3, die auch den Gefährdungsgraden entsprechen. Die Zone 3 steht für die Regionen mit der größten Erdbebengefährdung. Bei 0 ist die Gefahr für Beben sehr gering, aber nicht unmöglich. Der Rest Deutschlands hat kein Erdbeben-Risiko.

Oft sind vermeintliche Erdbeben gar keine. "Überraschenderweise haben wir viele 'Fake Beben' gefunden. Mehr als sechzig Prozent der im bisherigen deutschen Erdbebenkatalog aufgeführten Schadenbeben haben in manchen Gebieten nie stattgefunden", sagt Gottfried Grünthal vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Oft waren Stürme, Bodensenkungen oder Beben in entfernten Regionen die Ursache für vermeintliche Erdbebenschäden.