Prozess: Polizeigewalt in Essen Lokalzeit Ruhr 09.08.2024 02:36 Min. Verfügbar bis 09.08.2026 WDR Von Jennifer Kerkhoff

Prozess: Gewalt durch Polizisten in Essen

Stand: 09.08.2024, 17:26 Uhr

Am Essener Landgericht wurde heute gegen das Land NRW verhandelt. Ein ehemaliger Essener fordert 5000€ Schmerzensgeld, weil er 2020 von der Polizei mit Schlagstock und Pfefferspray attackiert wurde.

Von Jennifer Kerkhoff

John D. (Namen geändert) war im Jahr 2020 in der Tür einer Polizeiwache in der Essener Innenstadt aufgetaucht. Seiner Mutter war die Geldbörse gestohlen worden und sie hatte Stunden vorher versucht, den Diebstahl in der gleichen Wache anzuzeigen. Zuhause erzählte sie ihren Söhnen, dass sich die Polizeibeamten nicht um ihr Anliegen gekümmert hatten. Deshalb wollte sich John D. und sein Bruder beschweren. Davon gibt es Video, das im Gerichtsaal in Essen gezeigt wurde.

Wichtiger Videobeweis im Gericht

Ein Bodycam-Kamera hatte die Situation aufgezeichnet. Darin ist ein schwarzer Mann zu sehen, der Bruder von John D. Er kommt abends in die Wache, um sich über den Fall seiner Mutter zu beschweren. Er fragt nach dem Namen des Polizeibeamten. Beide reden aneinander vorbei, der Mann geht nach kurzer Zeit zum Ausgang. Draußen wartet John D. und schlägt frustriert darüber, nichts erreicht zu haben einmal wütend auf die Ausgangstür.

Dann sieht man, wie ein Polizist in aller Ruhe seinen Schlagstock ausfährt. Mehrere Beamten gehen den Brüdern nach. "Verpiss Dich!", schreit ein Polizist. Dann hört man sofort Schläge. "Das sah aber schön aus", hört man einen der Polizisten zum Schluss sagen.

Der damals 26-jährige John D. erlitt durch die Schläge blutende Platzwunden und musste ins Krankenhaus. "Er wurde grundlos von der Polizei angegriffen und später durch die Stadt getrieben", sagt sein Anwalt. Körperverletzung im Amt, Verfolgung Unschuldiger, Freiheitsberaubung sind nur einige der Vorwürfe des Anwaltes Dr. Cornelius Birr gegen die Polizeibeamten auf der Wache in Essen. Und es kommt noch eine Falschaussage der Polizisten hinzu.

Zivilkammer sieht Falschaussage der Polizisten

Nach der Sichtung des Videos wollte die Zivilkammer in Essen heute noch nicht einmal mehr die Zeugenaussagen der Polizisten hören. So eindeutig sah es die Kammer als erwiesen an, dass die Polizisten zuvor falsch ausgesagt haben. Die Beamten hatten behauptet, der Mann habe sich aggressiv verhalten, mit geballten Fäusten gedroht und mehrere Platzverweise ignoriert. Die Polizisten hatten John D. angezeigt wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte.

"Sollte das 'Verpiss Dich!' der Platzverweis sein?", fragte der Richter am Landgericht heute. "Falls ja, war der fragwürdig. Und überhaupt hatte der Mann weniger als eine Sekunde, bis der Schlagstock kam. Wie sollte er denn dem Verweis nachkommen?".

Heute kein Urteil

Ein Urteil wurde heute nicht gesprochen, aber die Kammer sah klar: Schmerzensgeld von mindestens 3500€ wird fällig. Das Land NRW muss dem noch zustimmen. Die beiden Männer wollen aber mehr als Geld. Gerechtigkeit sagen sie. Dass diesen Polizisten genauso der Prozess gemacht wird, wie ihnen selbst. Das jahrelang sich hinziehende Strafverfahren gegen John D. wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte hat er bereits gewonnen.

Unsere Quellen:

  • Reporterin im Gericht
  • Anwalt der Kläger