Abschied nehmen von Drogentoten

Verfügbar bis 21.07.2025

Abschied nehmen von Drogentoten

Stand: 21.07.2023, 09:27 Uhr

2022 starben bundesweit fast 2.000 Menschen durch den Missbrauch illegaler Drogen - und die Dunkelziffer ist offenbar noch viel höher. In Dortmund findet ein Gedenktag für genau diese Drogentoten statt. Im Stadtgarten können am Mittag Angehörige der Verstorbenen Abschied nehmen.

Susanne Kottsieper nimmt heute nicht zum ersten Mal am Gedenktag der Drogentoten teil. Ihr Verlobter, Frank, ist vor acht Jahren nach einer Überdosis Heroin gestorben. Er wurde 43 Jahre alt. Wenn sie sich an ihn zurückerinnert, strahlt sie.

"Er war ein ganz toller, aufgeschlossener, interessierter und offener und liebevoller Mensch." Susanne Kottsieper, Franks ehemalige Verlobte

Sie erzählt mir, dass sie zwei, drei Jahre gebraucht hat, bis sie am Gedenktag für Drogentote teilnehmen konnte. Der erste Versuch war für Susanne besonders schlimm: "Ich bin auf dem Weg zum Stadtgarten in Tränen ausgebrochen und bin beim nächsten Baum wieder umgedreht. Ich konnte da nicht hingehen. Also, das war irgendwie zu viel."

Gedenktag ist wie eine Ersatzbeerdigung

Heute ist der Gedenktag und die Gedenkfeier in Dortmund für sie eine Möglichkeit, aktiv Abschied zu nehmen. Es ist für Susanne eine Ersatzbeerdigung und auch ein Jahrestag. Hier trifft sie auf Menschen, die ihre Angehörigen auch durch Drogen verloren haben. Es gibt einen Raum und vor allem einen Ort für ihre Trauer. Der Tag wird von verschiedenen Einrichtungen der kommunalen Drogenhilfe organisiert und läuft in Dortmund zum 26. Mal.

Nachdenkliche Frau

Susanne Kottsieper, ehemalige Verlobte eines Drogentoten

Für Susanne Kottsieper ist heute ein wichtiger Tag, denn Franks Eltern haben sie damals nicht zur Beerdigung eingeladen. Für sie waren sie und ihre Unterstützung Teil des Problems. Susanne ist sich sicher, dass das Stigma um Drogensucht, die Eltern dazu gebracht hat, ihren Sohn anonym zu begraben und nicht im Familiengrab.

"Dann ist eben jetzt diese Wiese der Trauerort. Aber man hat keinen persönlichen Ort. So eine Beerdigung, die kostet ja mit Sicherheit auch viel Geld. Ich glaube nicht, dass ein kleines Messingschild da großartig ins Gewicht fallen würde. Es würde aber doch den Hinterbliebenen eine Möglichkeit geben, eben zu trauern und nicht auf einer großen Wiese zu stehen, wo man weiß, da liegen jetzt 300 Leute und einer davon ist dein Freund", findet die Verlobte des Verstorbenen.

Rückfälle sind besonders gefährlich

Frank hat bis zum Schluss gekämpft, sagt Susanne. Er ist gestorben, da war er drei Wochen aus seiner Langzeittherapie zurück. Sie erklärt mir, dass, wenn Drogensüchtige nach längeren Abstinenzphasen rückfällig werden, sie aus Gewohnheit dieselbe Menge spritzen und das zu einer Überdosierung führen kann.

"In dem Fall meines Verlobten ist ein Notarzt gerufen worden, er ist auch gekommen und hat den beatmet, beziehungsweise auch wiederbelebt und beatmet. Aber auf dem Weg zum Krankenhaus ist er dann trotzdem verstorben", erzählt sie.

Franks Tod prägt Susanne bis heute. Ihr ist wichtig, nicht nur an Frank zu gedenken, sondern auch ihre Trauer positiv zu nutzen. Sie engagiert sich in der Selbsthilfegruppe JES Dortmund. Hier kann sie anderen Betroffenen helfen, sie leistet Präventionsarbeit und organisiert den Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige mit.

Über das Thema berichten wir auch im Hörfunk: Lokalzeit aus Dortmund bei WDR2 um 12.30 Uhr.

Abschied nehmen von Drogentoten

00:48 Min. Verfügbar bis 21.07.2025