Milliardenverlust für Vonovia: Immobilienkrise trifft Unternehmen und Mieter
Stand: 04.08.2023, 20:00 Uhr
Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern Vonovia hat einen Verlust von zwei Milliarden Euro zu verbuchen. Das klingt dramatisch, aber noch stärker betroffen als das Unternehmen sind Menschen, die auf Wohnraum angewiesen sind.
Von Luca Benincasa
Trotz zwei Milliarden Verlust im abgelaufenen Quartal ist Vonovia-Chef Rolf Buch zufrieden mit der wirtschaftlichen Lage seines Unternehmens. "Unsere Entwicklung im Quartal zeigt – der Mietmarkt in Deutschland ist auch in unruhigen Zeiten ein stabiles Geschäft. Wir blicken aufgrund der starken Entwicklung in unserem Kerngeschäft weiter positiv", sagte Buch bei einer Telefonkonferenz am Freitagmorgen.
Der Verlust ergibt sich vor allem aufgrund einer Neubewertung der Gebäude und Wohnungen in Konzernbesitz. Diese sind im Wert gesunken. Vonovias Kerngeschäft hingegen, das Vermieten von Wohnraum, entwickelt sich gut. Deshalb ist das Unternehmen auch so entspannt. Denn die Mieten sind zuletzt gestiegen. Bei knapp 7,60 Euro pro Quadratmeter liegt zurzeit der durchschnittliche Mietpreis. Das ist höher als der Durchschnitt in Deutschland.
Es gibt immer weniger Sozialwohnungen
Besonders stark machen sich gestiegene Mieten bei Sozialwohnungen bemerkbar. Die hatten zuvor eine Preisbindung und waren deshalb verhältnismäßig günstig. Fallen sie aus der Bindung heraus, steigt oft auch der Preis. Wohnungen mit Preisbindung gibt es allerdings in ganz Deutschland immer weniger. Noch rund eine Million Sozialwohnungen gibt es noch. 2006 waren es fast doppelt so viele.
NRW steht bei den Sozialwohnungen noch vergleichsweise gut dar. Auf 100.000 Menschen kommen hier etwa 2.400 Wohnungen mit Preisbindung. Im Vergleich mit anderen Bundesländern haben nur die Stadtstaaten Bremen und Hamburg eine höhere Quote. Allerdings ist auch hier die Anzahl der Sozialwohnungen rückläufig.
Vonovia verhängt Neubau-Stopp
Doch den braucht es, fordert nicht nur der Deutsche Mieterbund. Auch Vonovia-Chef Rolf Buch gesteht Probleme ein: "Wir haben ein massives Problem in der Bevölkerung mit der Versorgung von Wohnraum. Das sehen wir täglich an unseren Hotlines und bei Wohnungsbesichtigungen. Hier hat sich eine ohnehin noch schwierige Situation noch weiter verschärft."
Ein Problem ist, dass zu wenig gebaut wird. Hauptgrund sind die enorm hohen Baukosten, die von den steigenden Zinsen getrieben werden. Weil die Kosten für Neubauten so hoch sind, hat Vonovia schon vor einem halben Jahr alle Neuprojekte für dieses Jahr gestoppt. Angefangene Wohnungen werden zwar noch fertig, danach wird aber erst einmal nichts mehr gebaut.
"Die Preise legen regional wieder zu"
Das merkt auch Juliane Hilbricht, sie leitet den Stadt-Dienst-Wohnen in Solingen. "Wir haben letztes Jahr 380 Sozialwohnungen verloren, die aus der Bindung rausgegangen sind und wir konnten bei weitem das nicht kompensieren mit den Neubauten." Das Ziel der Ampel-Regierung, bundesweit 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr zu bauen, wird aktuell weit verfehlt.
Hinzu kommt, dass auch die Preise für Bestandsimmobilien kaum mehr fallen. Das zeigt eine Auswertung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (ifw). "Die jüngsten Zahlen zeigen, dass sich der Preisrückgang am Immobilienmarkt abflacht und regional die Preise sogar bereits wieder zulegen", sagt ifw-Präsident Moritz Schulrick. Ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen – oder eines davon zu mieten – in absehbarer Zeit wird das wohl nicht günstiger, sondern eher wieder teurer.
Über dieses Thema berichteten wir auch im Radio bei WDR5 im Wirtschaftsmagazin am 04.08.2023.