Urteil im Prozess um tödlichen Fehler bei Geburt in Neuss gefallen

00:29 Min. Verfügbar bis 22.02.2026

Urteil im Prozess um tödlichen Fehler bei Geburt in Neuss gefallen

Stand: 21.02.2024, 16:39 Uhr

Im Prozess um den Tod eines Neugeborenen im Neusser Lukaskrankenhaus hat das Landgericht Düsseldorf den Oberarzt heute wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Er erhielt eine zehnmonatige Bewährungsstrafe und soll 5.000 Euro für gemeinnützige Zwecke zahlen.

Von Martin Höke

Die Mutter hatte wegen starker Wehenschmerzen einen Kaiserschnitt gefordert. Das lehnte der Oberarzt aber ab und griff stattdessen zu einer Geburtszange. Das sei alternativlos gewesen, gab er an. Das Gericht ist aber überzeugt, dass der Arzt die Zange rechtswidrig und ohne Einwilligung der Mutter einsetzte, was strafbar sei. Nach dem Tod des Säuglings hatte die Klinik den Arzt angezeigt. Er war damals als Vertretungsarzt tätig.

Eine Entscheidung mit schrecklichen Folgen

Laut Anklage hatte der Arzt im November 2021 zunächst einen Kaiserschnitt abgelehnt. Dann hatte er ohne Einwilligung der heute 31 Jahre alten Mutter eine Geburtszange eingesetzt, mit der er mehrfach abgerutscht sein und das Kind tödlich verletzt haben soll.

Arzt: Zange war damals alternativlos

Vor Gericht hat der Angeklagte bestritten, Fehler gemacht zu haben. Er sei damals von einem Geburtsstillstand ausgegangen, sagte der Frauenarzt und nannte den Einsatz der Geburtszange alternativlos.

Die Mutter hatte in der Verhandlung ausgesagt, die Zange sei damals ohne ihre Einwilligung eingesetzt worden. Die damals 29-Jährige hatte sich davor wegen starker Wehenschmerzen einen Kaiserschnitt gewünscht.

Am Ende gab es den Kaiserschnitt, aber es war zu spät

Am Ende gab es den Kaiserschnitt, den der Oberarzt aber erst abgelehnt habe. "Ich bin ein Anhänger der natürlichen vaginale Geburt", so der Arzt. Als sich der Kopf des Kindes bei der Geburt nicht mehr bewegen ließ, wurde es dann doch per Kaiserschnitt geholt und starb Stunden nach der Geburt.

Keine Klärung durch medizinische Gutachter

Im Prozess waren mehrere medizinische Gutachter gehört worden, die sich nicht erklären konnten, was genau die tödlichen Verletzungen bei dem Neugeborenen verursacht hatte. Offen blieb auch, ob der Angeklagte beim Einsatz der Geburtszange möglicherweise Fehler gemacht hat.

Jede fünfte Geburt mit Zange

Nach eigenen Angaben hat der Frauenarzt mit 34 Jahren Berufserfahrung über 10.000 Geburten "ohne Probleme" begleitet, davon wurden 2.000 Kinder mit der Zange geholt.

Wie es heißt, hat die Neusser Klinik den erfahrenen Mediziner damals selbst angezeigt. Der Angeklagte war Anfang November 2021 in Neuss als Vertretungs-/Leiharzt tätig. Ob der 58-Jährige gegen das heutige Urteil vorgeht und Revision einlegt, ließ sein Verteidiger offen.

Neugeborener Tod Neuss

WDR Studios NRW 21.02.2024 00:39 Min. Verfügbar bis 20.02.2026 WDR Online


Über dieses Thema berichtet der WDR am 21.02.2024 auch im Hörfunk auf WDR2 in der Lokalzeit aus Rhein und Ruhr und im WDR Fernsehen in der Lokalzeit aus Düsseldorf.

Unsere Quellen:

  • WDR Reporter
  • Landgericht Düsseldorf