Bundesverwaltungsgericht weist Klage gegen Stromtrasse durch Hürth ab

Stand: 12.07.2022, 18:32 Uhr

Anwohner aus Hürth-Efferen wollten den Bau einer Höchstspannungsleitung durch ihr Wohngebiet verhindern. Das Gericht wies die Klage jetzt ab.

Von Stephan Pesch

Entlang des Kiebitzwegs in Hürth-Efferen ist es laut. Baulärm schallt durch ein großes Wohngebiet. Etwa 3.000 Menschen leben hier. An ihren Häusern rollen Bagger und Betonmischer vorbei. Im Auftrag des Netzbetreibers Amprion werden am Kiebitzweg Fundamente gegossen. Darauf sollen Stahlträger für eine neue Höchstspannungstraße gesetzt werden.

Am Rand der Baustelle schüttelt Wolfgang Holz verärgert den Kopf. Holz ist Anwohner und zugleich auch Vorsitzender der Bürgerinitiative "Hürth gegen Hochspannung". Zusammen mit seinen Freunden Klaus-Dieter Rush, Wolfgang Stübner und Klaus Herrmann klagte Holz gegen den Netzausbau durch seinen Stadtteil. Bereits vor der mündlichen Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte Amprion Tatsachen geschaffen und darf nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch weiter bauen.

Amprion baut Stromnetz durchs Rheinland aus

Die vier Kläger aus Hürth-Efferen.

Die Kläger Wolfgang Holz, Klaus-Dieter Rush, Wolfgang Stübner und Klaus Herrmann (v.l.).

Zwar haben die Menschen entlang des Kiebitzwegs seit Jahrzehnten Stromleitungen vor ihrer Haustür. Aber beim deutschen Netzausbau sind jetzt deutlich mehr geplant. Dafür müssen in Hürth-Efferen stabilere und größere Masten gebaut werden, etwa 90 Meter hoch, mit breiten Traversen.

Die Stahlriesen gehören zu einer neuartigen Stromautobahn, die der Netzbetreiber Amprion unter dem Namen "Ultranet" durch das Rheinland baut. Für Ultranet nutzt Amprion bereits eine bestehende Trasse zwischen Rommerskirchen im Rhein-Kreis-Neuss und Bornheim-Sechtem im Rhein-Sieg-Kreis. Dort gibt es schon eine 110- und eine 220-Kilovolt-Freileitung. Jetzt kommt eine weitere, 380-Kilovolt-starke Freileitung dazukommen. Der Widerstand der Anwohner von Hürth-Efferen ist groß.

Angst vor gesundheitlichen Schäden

Am Kiebitzweg haben die Menschen Angst um ihre Gesundheit. In Efferen befinden sich entlang der Trasse viele Hochhäuser. Die Bewohner gehen davon aus, dass die Leiterseile dicht an ihren Balkonen vorbeiführen werden.

"Wir haben recherchiert und einige Studien ausfindig gemacht, dass diese Höchstspannungsleitungen Krankheiten hervorrufen können", sagt Wolfgang Holz. "Leukämie bei Kindern. Demenz bei älteren Menschen", so Holz weiter. Andere Studien hingegen belegen, dass es kein erhöhtes Leukämierisiko bei Kindern gebe, die an Höchstspannungsleitungen leben. - "Hürth gegen Hochspannung" wollte vor dem Bundesverwaltungsgericht erreichen, dass die Baugenehmigung für die neue Stromautobahn aufgehoben, und Ultranet um Efferen herum verlegt wird - auf eine Hochspannungstraße, die es schon gibt.

Stadt Hürth unterstützte Anwohnerklage

Auch für den Hürther Bürgermeister Dirk Breuer machte die Klage Sinn. Daher unterstützte die Stadt die Anwohner mit Geld. "Ich habe den Eindruck, die Menschen stehen bei der Bewertung der Trassenverläufe etwas zurück und wir setzen uns hier gemeinsam dafür ein, die Lebensqualität in unserer Stadt zu erhalten", so der CDU-Politiker.

Dass sich die Anwohner in Efferen große Sorgen machen, davon überzeugte die Bürgerinitiative das Bundesverwaltungsgericht 2018 schon einmal. Damals stoppte Leipzig die Bauarbeiten. Amprion musste das Vorhaben noch einmal gründlich prüfen. Das sei mittlerweile geschehen, sagt Amprion-Sprecherin Joana Niggemann.

Amprion sieht alle Auflagen erfüllt

Der Netzbetreiber aus Dortmund hatte nach dem Urteil vor vier Jahren auch die Trassen untersucht, die von der Stadt und den Anwohnern favorisiert werden. Das Ergebnis: Für Amprion ist der Netzausbau durch Efferen nach wie vor alternativlos. Mehr noch: "Rein rechtlich dürfen wir bauen - trotz Klage - da ein besonderes Allgemein-Interesse an der Versorgungssicherheit und an einem beschleunigten Netzausbau besteht", sagt Sprecherin Joana Niggemann.

Und weiter: "Das Projekt ist seit 2009 im Gesetz verankert und wichtig, damit wir den Windstrom aus dem Norden in den Süden bekommen. Wir brauchen diesen Lückenschluss ganz dringend, denn nördlich und südlich ist das Projekt bereits umgesetzt und teilweise auch schon in Betrieb. Deshalb haben wir uns auf eigenes unternehmerisches Risiko entschieden, zu bauen."