Messerattacke in Krefeld: zwei Brüder verurteilt
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Messerattacke in Krefeld: zwei Brüder verurteilt
Stand: 08.10.2024, 17:11 Uhr
Weil sie in Krefeld einen Passanten mit einem Küchenmesser schwer verletzt hatten, mussten sich zwei Brüder vor Gericht verantworten. Heute wurde das Urteil verkündet.
Von Martin Höke
In der Nacht zum 31. Mai war in Krefeld um kurz nach zwei Uhr ein Passant bedroht, ausgeraubt und mit einem Küchenmesser schwer verletzt worden. Die mutmaßlichen Täter, zwei 15 und 19 Jahre alte Brüder, waren noch in der Tatnacht festgenommen worden. Heute, mehr als vier Monate später nach der Tat, sind die beiden vom Landgericht Krefeld wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden.
Schädliche Neigung bei dem jüngeren Bruder
Die Richter verhängten gegen den Älteren der beiden eine 20-monatige Jugend-Bewährungsstrafe, gegen den Jüngeren dagegen drei Jahre Jugendhaft. Beim Strafmaß für ihn kam noch der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung dazu. Denn der 15-Jährige hatte damals dem 44-jährigen Überfallopfer ein Küchenmesser in den Rücken gerammt hatte. Das Gericht bleib damit nur unwesentlich unter den Forderungen des Staatsanwalts.
Der hatte zwei Jahre auf Bewährung für den Älteren und dreieinhalb Jahre Jugendstrafe für den Jüngeren gefordert.
Kein versuchter Mord
Dem jüngeren Bruder war zunächst versuchter Mord vorgeworfen worden.
Doch die Richter glaubten seiner Schilderung, dass er damals mit Messerstiche nur seinem Bruder helfen, aber das Überfallopfer nicht habe töten wollen.
Der Verteidiger hatte für den Fall einer Haftstrafe einen offenen Vollzug für seinen Mandanten angeregt. Das lehnten die Richter ab. Die Vorsitzende verwies auf die offenbar schädliche Neigung bei dem 15-Jährigen und dessen hohe Rückfallgeschwindigkeit. "Nur zwei Monate vor der Tat hatte er einen 14-tägigen Dauerarrest verbüßt wegen eines Körperverletzungsdelikts."
Geständnisse zum Auftakt
Die beiden Brüder haben im Prozess gestanden, Ende Mai in Krefeld gezielt nach einem Opfer gesucht und dann den Radfahrer mit einem Messer bedroht, ausgeraubt und lebensgefährlich verletzt zu haben.
Das Raub-Opfer konnte flüchten. Die mutmaßlichen Täter wurden kurz darauf gefasst. Laut Anklage hatten sie einen Rucksack, zwei Kreditkarten und 20 Euro erbeutet.
Geld anders beschaffen
Die Brüder hätten sich in der Nacht "das Geld einfach anders beschaffen wollen", hatte der Verteidiger erklärt und nannte als Grund die finanziell angespannte Situation der Familie. Die habe sich nach der Krebserkrankung der Mutter noch verschärft.
In der Tatnacht hatten der 19-Jährige für einen möglichen Überfall eine Machete und der jüngere Bruder ein Küchenmesser mit 16 Zentimeter langer Klinge dabei. Das Messer habe er "aus der Küche" mitgenommen, erklärte er. Auch deshalb, weil die Brüder nach eigener Aussage Wochen vor der Tat selbst von einer afghanischen Jugendbande überfallen worden seien.
Zufallsopfer in der Nacht
Nach eigener Aussage waren die beiden ziellos durch die Nachbarschaft gezogen und dann vor dem Moltke-Gymnasium auf den Passanten geroffen.
Der Gas- und Wasserinstallateur kam damals mit seinem Lasten-E-Bike von einem feucht-fröhlichen Abend mit Freunden. "Ich wollte mir auf dem Platz noch eine rauchen", erzählt der 44-Jährige: "Da haben mich zwei Jungs ganz freundlich angesprochen und nach Feuer gefragt." Als er auf die beiden zuging, sollen sie den Handwerker mit der Machete bedroht und ihn aufgefordert haben: "Gib' alles, was du hast."
15-Jähriger räumt Messerstich ein
Daraufhin habe er den beiden seinen Rucksack zugeworfen, sagt der 44-Jährige, und sei dann seinem Bruder an die Gurgel gegangen, sagt der 15-Jährige. Um den Bruder aus der Umklammerung zu befreien, habe er zugestochen.
Handwerker verfolgt blutend die Täter
Der Handwerker schreckt zurück und flüchtet. "Ich habe gespürt, wie mir das Blut den Rücken runterlief." Dann habe er mit seinem Mobiltelefon die Polizei verständigt, sich sein Lastenrad geschnappt und mit der Leitstelle der Polizei am Ohr die beiden Täter verfolgt.
Rippenbruch verhindert Schlimmeres
Wie knapp es für den überfallenen Handwerker war, stellte sich erst in der Klinik heraus. Das Messer war zehn Zentimeter in seinen Körper eingedrungen und hatte zum Glück die zwölfte Rippe getroffen. Die war zwar gebrochen, aber hatte verhindert, dass die Klinge lebenswichtige Organe wie die Niere traf. "So hab ich überlebt", sagt der 44-Jährige.
Schriftliche Entschuldigung und 2.000 Euro
Die Folgen sind trotzdem dramatisch. Seine beiden kleinen Kinder hätten ständig Angst um ihn, er habe Probleme, nachts rauszugehen. "Ich bin seitdem arbeitsunfähig und Therapie."
Auch diese erheblichen körperlichen und seelischen Folgen der Tat flossen in das heutige Urteil der Strafkammer ein.
Amts- und Landgericht Krefeld
Die beiden Brüder haben sich in einem Brief bei dem 44-Jährigen entschuldigt und ihm heute über ihre Verteidiger 2.000 Euro in bar als Entschädigung übergeben. Sein Anwalt meinte dazu: "Von der Entschuldigung kann sich mein Mandat nichts kaufen."
19-Jähriger auf freiem Fuß
Die Brüder haben bereits über vier Monate Untersuchungshaft verbüßt. Der 19-Jährige wird jetzt auf freien Fuß gesetzt, der Haftbefehl wurde aufgehoben.
Als Bewährungsauflage muss er innerhalb eines halben Jahres 50 Sozialstunden ableisten sowie eine Ausbildung beginnen oder in den kommenden zwei Jahren einen Schulabschluss machen.
Urteil wahrscheinlich rechtskräftig
Der Verteidiger des 19-Jährigen hatte bereits im Gerichtssaal Rechtsmittelverzicht erklärt. Ähnlich, so sein Kollege, wird es wohl auch bei dem jüngeren Bruder aussehen.
Unsere Quellen:
- Landgericht Krefeld
- WDR-Reporter vor Ort