Wuppertal: Dramatische Stunden nach Messerattacke an Gymnasium: Der Tag danach
Aktuelle Stunde . 23.02.2024. 03:49 Min.. UT. Verfügbar bis 23.02.2026. WDR. Von Nils Rode.
Amoktat an Wuppertaler Schule: Schreiben des Täters gefunden
Stand: 24.02.2024, 08:30 Uhr
Am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium in Wuppertal wurden am Donnerstag mehrere Schüler von einem Mitschüler verletzt. Mittlerweile ist ein Brief des mutmaßlichen Täters gefunden worden.
Ein Schüler soll an dem Gymnasium in Wuppertal acht Mitschüler verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft hat nun Haftbefehl gegen den 17-jährigen mutmaßlichen Täter beantragt. Gegen den Oberstufen-Schüler werde wegen zweifachen versuchten Mordes und einer zweifachen gefährlichen Körperverletzung ermittelt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Freitag.
Offenbar Bekennerschreiben
Der Schüler soll einem Lehrer ein Bekennerschreiben übergeben haben. Dieses Schreiben lasse vermuten, dass bei dem Tatverdächtigen eine psychische Erkrankung vorliegt.
Patrick Penders (links), Staatsanwalt in Wuppertal, berichtet neben dem Einsatzleiter der Polizei Colin Nierenz über den Stand der Ermittlungen.
Aus ermittlungstaktischen Gründen äußerte sich die Staatsanwaltschaft deshalb nicht weiter zu dem Inhalt des Schreibens. Das Schreiben sei Gegenstand weiterer psychologischer Untersuchungen.
Neue Details zur Tat
Der 17-Jährige habe seine Mitschüler am Donnerstag in einem Pausenraum der Oberstufe unvermittelt angegriffen, berichtet der Einsatzleiter auf der Pressekonferenz. Ein Lehrer sei zu Hilfe gerufen worden. Dem sei es gelungen, den Schüler zu entwaffnen.
Als die Polizei eintraf, fanden sie den mutmaßlichen Täter ruhig auf einem Stuhl sitzend vor. Beim Anblick des Spezialeinsatzkommandos, "geriet er wieder in einen Erregungszustand", so der Einsatzleiter. Er sei aufgesprungen und habe die Beamten angegriffen. Dabei habe er den Wunsch geäußert, erschossen zu werden.
Die Polizisten mussten den mutmaßlichen Täter mit Gewalt zu Boden ringen, so der Einsatzleiter. Er habe schon erlebt, wie schwerverletzte Menschen in schweren Erregungszuständen noch außerordentliche Kräfte entwickeln könnten.
Messer sichergestellt
Vier Schüler im Alter von 16 bis 17 Jahren wurden am Donnerstag mit Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht. Inzwischen konnten sie die Klinik wieder verlassen. Drei weitere Schülerinnen erlitten einen Schock, zwei davon mussten ebenfalls im Krankenhaus behandelt werden. Ob sie schon wieder entlassen wurden, sei noch unklar.
Im Schulgebäude haben die Beamten ein Klappmesser mit Blut gefunden. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Tatverdächtigen stellten sie weitere Beweismittel sicher. Ob diese für die Tat relevant sind, sei noch unklar. Eine Mordkommission hat die Ermittlungen übernommen.
Mutmaßlicher Täter weiter im Krankenhaus
Nach den Messerstichen auf seine Mitschüler soll der mutmaßliche Amokläufer sich selbst in den Brustkorb gestochen haben. Es besteht mittlerweile keine Lebensgefahr mehr, sagt der zuständige Staatsanwalt.
Laut Polizei und Staatsanwaltschaft soll der 17-Jährige ein guter Schüler gewesen sein. Bislang sei er noch nie strafrechtlich aufgefallen. Ob eine psychische Erkrankung auch schon vor der Tat bekannt gewesen ist, dazu wollte sich die Staatsanwaltschaft beim derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht äußern. In einem Schreiben an die Eltern war gestern die Rede von einer manischen Phase infolge seiner psychischen Erkrankung.
Kommt der Schüler in eine psychiatrische Einrichtung?
Voraussichtlich noch an diesem Wochenende will ein Gutachter genauer klären, ob der 17-jährige Tatverdächtige psychisch krank und dadurch vermutlich schuldunfähig ist. In diesem Fall könnte er aus der U-Haft in eine psychiatrische Einrichtung kommen.
Ab Montag wieder Unterricht
Am Freitag hat die Schule wieder aufgemacht. Unterricht fand aber nicht statt. 30 Psychologen waren in der Schule, um das Geschehene mit den Schülern aufzuarbeiten.
Ab Montag soll wieder ganz normaler Unterricht stattfinden. Nach Auskunft der Bezirksregierung Düsseldorf soll den Schülern durch die gewohnten Abläufe wieder Kontinuität und Stabilität geboten werden. Schulleitung und Lehrkräfte würden die Situation weiter beobachten und den Schulalltag den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen anpassen.
Alarmsystem bei der Polizei
Das SEK umstellte und durchsuchte das Schulgebäude
Bei solchen Taten habe die Polizei ein sehr intaktes Alarmsystem, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul dem WDR. "Da gehen wir auf Nummer sicher, bei Schulen erst recht, und es zeigt sich, es war auch gut so, denn der Täter ist erwischt."
Schulministerin Feller: Schule eng begleiten
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) will die Wuppertaler Schule unterstützen. "Unsere Gedanken sind auch bei der Schule, den Eltern, bei den Schülerinnen und Schülern, bei den Lehrkräften. Ich habe selber mit der Schulleitung auch nochmal telefoniert", sagt sie. Es gebe Angebote des Landes an die Wuppertaler Schule, sie eng zu begleiten.
Feller erwähnte in dem Zusammenhang auch die vom Land im vergangenen Jahr aktualisierten sogenannten Notfallkoffer für Schulen, in denen Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Krisenfälle stehen. Dieser Notfallkoffer habe auch dem Wuppertaler Gymnasium sehr geholfen, habe ihr die Schulleitung bestätigt.
Man werde nun die polizeilichen Ermittlungen abwarten, um dann zu entscheiden, ob es für solche Fälle noch mehr Unterstützung für Schulen geben müsste, sagte Feller.
Über dieses Thema berichteten wir am wir auch im WDR-Hörfunk und im WDR-Fernsehen.
Unsere Quellen:
- Polizei Wuppertal
- WDR-Reporter vor Ort
- Staatsanwaltschaft Wuppertal
- Polizei Düsseldorf
- NRW-Innenminister Herbert Reul im Gespräch mit dem WDR
- NRW-Schulministerin Dorothee Feller im Gespräch mit dem WDR
- dpa
- Schulleiterin Claudia Schweizer-Motte