Plastikkügelchen verschmutzen den Rhein Lokalzeit aus Köln 27.07.2023 03:13 Min. Verfügbar bis 27.07.2025 WDR Von Oliver Köhler

Plastikkügelchen im Rhein wohl aus Lagern der Kunststoffindustrie

Stand: 27.07.2023, 09:10 Uhr

Ein Teil des Mikroplastiks, das Umweltschützer regelmäßig im Rhein finden, gerät offenbar beim Umladen auf Lagerflächen der Industrie in die Umwelt.

Von Oliver Köhler

Im Kölner Frachthafen lagern Säcke mit Kunststoffgranulat unter freiem Himmel. Die gepflasterten Flächen sind nur mit Bauzäunen von den öffentlich zugänglichen Bereichen des Niehler Hafens abgetrennt.

Auf den Straßen rundherum, in Gullys und im Hafenbecken nebenan wurden Plastikkügelchen gefunden, die offenbar aus dem Lager eines Logistikdienstleisters stammen.

Plastik auf dem Weg in die Kanalisation

Lager mit Plastikgranulat im Niehler Hafen | Bildquelle: WDR / Köhler

Der Vorsitzende des Kölner Umweltvereins K.R.A.K.E., Christian Stock hat sich die Lager angesehen. "Hier direkt an den Straßen liegen überall Kügelchen. Wenn hier jeden Tag etwas verlorengeht, dann kommt da eine Menge zusammen."

Besonders beunruhigt es Umweltschützer Stock, dass die Plastikkügelchen auch in Gullys zu finden sind: "Bei Regen wird das Mikroplastik in die Kanalisation geschwemmt. Die Klärwerke können meist nur einen Teil herausfiltern. Am Ende landen die Kügelchen im Meer und werden dort von Fischen verschluckt."

An den Bahngleisen neben dem Lager im Niehler Hafen liegt kiloweise Plastikgranulat auf dem Boden. Von hier bis zum Hafenbecken sind es nur wenige Meter. "Starker Wind und das Plastik liegt im Wasser", sagt Christian Stock.

Tatsächlich finden wir auch im Hafenbecken weiße Kunststoffkügelchen.

Logistikunternehmen will der Sache nachgehen

Das für die Lagerflächen zuständige Logistikunternehmen erklärt zunächst schriftlich: "Grundsätzlich kontrollieren wir täglich sämtliche Flächen auf Granulatfreiheit und generelle Sauberkeit. Das betrifft auch die angrenzende Umgebung."

Als wir der Logistik-Firma Fotos von dem Granulat direkt neben dem Lager zeigen, schickt das Unternehmen sofort Mitarbeiter, um sich selbst ein Bild zu machen.

Ein Sprecher räumt kurz darauf ein, dass die Kontrollen und die Reinigung offenbar versagt haben. Die Logistikfirma will aufgrund der WDR-Recherchen die Umgebung des Lagers jetzt gründlich reinigen und die eigenen Sicherheitskonzepte überprüfen. 

Auch Hersteller des Granulats alarmiert

Das Kunststoffgranulat, das im Niehler Hafen gelagert wird, stammt laut Beschriftung der Säcke von den Herstellern Lyondellbasell und Braskem in Wesseling.  Lyondellbasell verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel, dass Null Pellets in die Umwelt gelangen.

Christian Stock (K.R.A.K.E.) sammelt Kügelchen im Niehler Hafen auf | Bildquelle: WDR / Köhler

Das Unternehmen habe am Standort Wesseling zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um Mikroplastik aufzufangen, falls es bei der Produktion oder beim Transport verlorengeht. Lyondellbasell will sich jetzt bei dem Logistik-Dienstleister im Niehler Hafen erkundigen, ob die Recherchen des WDR zutreffen.

Problem wohl kein Einzelfall

"Es ist gut, wenn die Unternehmen sich darum kümmern, dass keine Plastikkügelchen in den Rhein geraten", sagt Umweltschützer Christian Stock von der Organisation K.R.A.K.E. "Aber es passiert offenbar trotz der Vorsichtsmaßnahmen. Jedenfalls finden wir regelmäßig Kügelchen im Rhein und am Rheinufer.

Die können aber nicht alle aus dem Niehler Hafen stammen. Denn viele Orte, an denen die K.R.A.K.E. immer wieder Mikroplastik entdeckt, liegen stromaufwärts, nahe der Kölner Innenstadt und im Kölner Süden. Es muss also noch andere Lager und Umschlagplätze der Industrie geben, an der Sicherheits- und Reinigungskonzepte versagen.