Müll zieht Ratten an, verschandelt die Landschaft und vergiftet die Böden. Wird er illegal im öffentlichen Raum abgestellt, müssen die Städte und Kommunen ihn entsorgen. Für viele Gemeinden wird das zunehmend zum Problem. Die Kosten dafür liegen in Millionenhöhe, wir alle zahlen sie über unsere Müllgebühren. Doch wie viel genau? Wir haben nachgefragt.
In einer Umfrage für die WDR-Sendung Markt wollten wir von den 396 Gemeinden in Nordrhein-Westfalen wissen, was sie zuletzt für die Entsorgung von illegalem Müll ausgegeben haben. Dabei kam heraus: Für viele ist das gar nicht so leicht zu beantworten, die Datenlage ist zu lückenhaft.
Nur 143 von 396 Gemeinden konnten uns überhaupt einen Wert nennen, davon waren 54 geschätzt. In 45 Fällen, in denen es noch keine Zahlen für 2023 gab, konnten wir für unsere Analyse wenigstens Angaben von 2022 verwenden.
Köln gibt mit Abstand am meisten aus
Unter den Kommunen, die Zahlen liefern konnten, hat Köln mit Abstand die höchsten Kosten - sowohl in absoluten Zahlen, als auch pro Kopf. 2023 hat die Stadt rund 13 Millionen Euro für die Entsorgung von illegalem Müll ausgegeben. Das waren rund 12 Euro pro Einwohner.
Die Landeshauptstadt Düsseldorf bietet nur geschätzte Kosten. Demnach will die Stadt im Jahr 2023 nur drei Millionen Euro ausgegeben haben. Pro Kopf wären das etwas weniger als fünf Euro.
Düsseldorf setzt auf den Einsatz von sogenannten Mülldetektiven. Diese seien insbesondere am Abend und an Wochenenden im Einsatz, antwortete die zuständige Behörde auf die WDR-Umfrage. Zudem können Bürger Müll über eine App melden. "Im Ergebnis konnte das Ermittlungsteam im Jahr 2023 2.100 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen illegaler Abfallablagerung einleiten", teilt die Stadt mit.
Aus Köln heißt es: Der Einsatz von Mülldetektiven habe sich zwar bewährt, "stößt jedoch auch schnell an Grenzen", da diese keine ordnungsrechtlichen Befugnisse hätten.
Auch kleinere Gemeinden mit hohen Kosten
Im Verhältnis zur Einwohnerzahl hatten auch einige kleinere Gemeinden hohe Ausgaben. So lag Stolberg (Rhld.) mit 6,46 Euro pro Kopf auf Platz 2, gefolgt von Emmerich am Rhein mit 6,38 Euro und Grevenbroich mit rund sechs Euro.
Größere Städte mit höheren Kosten pro Einwohner waren etwa Gelsenkirchen mit 5,46 Euro und Bochum mit 5,59 Euro. Besser abgeschnitten haben etwa Duisburg mit 1,29 Euro pro Kopf oder Essen mit 2,73 Euro.
Wo die Kosten am meisten steigen
Um ein Gefühl für die Entwicklung der Kosten zu bekommen, haben wir auch Zahlen aus dem Jahr 2019 abgefragt, also von vor der Corona-Pandemie. Ein Blick auf die Entwicklung im Vergleich zu 2019 zeigt: Bei 90 Gemeinden (von 143, die Werte angegeben haben) sind die Kosten gestiegen.
Hier macht sich eine Veränderung besonders bei kleineren Gemeinden schnell bemerkbar. So hat Tönisvorst etwa neun Mal mehr Geld ausgegeben. Während die Entsorgungskosten 2019 noch bei rund 2.700 Euro lagen, waren es 2023 knapp 25.000 Euro. Das ist ein Anstieg von 825 Prozent.
Schaut man auf die 15 größten Gemeinden fällt auf: In Köln waren die Kosten auch 2019 schon hoch, mit rund 11,5 Millionen. 2023 waren es trotzdem noch einmal 14 Prozent mehr. In Düsseldorf blieben die Kosten nach eigener Aussage auf demselben Niveau.
Besonders hoch war der Anstieg in Münster (mit einem Plus von 20 Prozent) und Bochum (33 Prozent für 2022) – doch auch in diesen beiden Städten sind die Ausgaben nur geschätzt.
Verschiedene Gründe für höhere Kosten
Höhere Kosten können ein Hinweis darauf sein, dass sich das Müllproblem verstärkt hat. So sagte ein Pressesprecher der Stadt Grevenbroich, dass die Kosten gestiegen seien, aber die Menschen ihren Müll häufiger illegal entsorgten als früher.
Höhere Zahlen können aber auch daher kommen, dass sich eine Gemeinde intensiver um die Entsorgung kümmert oder die Daten besser erfasst wurden.
Ein Vertreter der Stadt Stolberg verwies neben den höheren Kosten für die Müllentsorgung wegen Inflation darauf, dass ein "Kommunaler Außendienst" eingeführt worden sei, der gezielt nach illegal entsorgtem Müll suchen soll - und "wer mehr suchet, der mehr findet".
Und wenn die Kosten sinken, heißt das nicht unbedingt, dass das Problem kleiner wird, erklärt uns ein Sprecher der Stadt Emmerich: Zum einen schwankten die Kosten, je nachdem, wie viel und welches Personal eingesetzt werde, zum anderen könnten niedrigere Ausgaben auch daher rühren, dass man sich weniger um das Problem gekümmert habe. Aus seiner Sicht nehme das Problem mit illegalen Müllkippen jedenfalls zu.
Ist Videoüberwachung eine Lösung?
Als Lösung wird immer häufiger Videoüberwachung gefordert. Die ist aber aus datenschutzrechtlichen Gründen zur Vermeidung von Müll-Hotspots generell nicht erlaubt. Im öffentlichen Raum darf nur die Polizei Videoüberwachung einsetzen. Eine Stadt in Deutschland hat das nicht akzeptiert: Ludwigshafen wurde Vorreiterin - mit dem ersten Pilotprojekt zur Videoüberwachung gegen Müllsünder.
Über das Pilotprojekt in Ludwigshafen berichten wir heute im WDR-Fernsehen: in der Sendung "Markt" um 20.15 Uhr.
Das Projekt in Ludwigshafen läuft für sechs Monate seit August - und zeigt schon jetzt erste Wirkung: An den Hotspots wird kein Müll mehr abgestellt. Nun sollen auch weitere Plätze überwacht werden.
NRW-Städte bei Videoüberwachung uneinig
Würden die Gemeinden in NRW auch zu dieser Form der Videoüberwachung (legal und konform mit dem Datenschutz) greifen, um kommunale Müll-Hotspots zu überwachen? Immerhin 37 Gemeinden könnten sich das vorstellen, darunter auch das schwer belastete Stolberg. Köln ist nicht dabei.
Aus Düsseldorf heißt es, die Stadt habe "vor einigen Jahren die Option für eine gezielte Videoüberwachung" geprüft. "Nach (u.a.) datenschutzrechtlicher Abwägung wird aktuell aber eine andere Strategie verfolgt".
Die Kombination von Mülldetektiven und Hinweisen aus der Bevölkerung habe sich bewährt. Denn im Gegensatz zur Videoüberwachung bestehe so "die Möglichkeit des direkten 'Zugriffs' zur Personalienfeststellung". Auch ein Problem mit den Videos: Nicht immer seien die Gesichter und KFZ-Kennzeichen erkennbar, so die Stadt dazu, warum sie die Videoüberwachung nicht einsetzt.
Über das Thema berichten wir heute im Hörfunk: Morgenecho auf WDR5, sowie im WDR-Fernsehen: Aktuelle Stunde um 18.45 Uhr. Um das Thema geht es außerdem in der Sendung "Markt" um 20.15 Uhr.
Unsere Quellen:
- WDR-Umfrage unter allen Gemeinden in NRW