Kardinal Woelki vor dem Landgericht Köln, 28.03.2023

"Kirche will sich weiter selber schützen": Kritik an Kardinal Woelki nach Sieg vor Gericht

Stand: 26.04.2023, 16:25 Uhr

"Vertrauen gewinnt man damit nicht zurück", so kritisiert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken den Kölner Kardinal. Woelki hatte ein Gerichtsverfahren gegen den Axel Springer Verlag gewonnen. Der Verlag spricht von einer skandalösen Entscheidung.

Von Christina Zühlke und Markus Schmitz

Wusste der Kölner Kardinal Woelki von Missbrauchs-Vorwürfen gegen einen Priester, den er später beförderte? Die Bild-Zeitung hatte es so geschrieben. Das dürfe sie nicht, urteilte jetzt das Landgericht Köln.

Der Generalsekretär des Zentralkomitees deutscher Katholiken äußerte sich trotz Woelkis Sieg kritisch in Richtung des Kölner Kardinals. Woelki habe zwar vor Recht bekommen, aber Generalsekretär Marc Frings sagte im WDR: "Fatal ist aus meiner Sicht, dass mit viel Energie für ein Gerichtsverfahren öffentlich das Bild einer Institution bestätigt wird, die sich primär selbst schützen will."

Kardinal soll Reformen unterstützen

Marc Frings, Zentralkomitee deutscher Katholiken

Marc Frings, Zentralkomitee deutscher Katholiken.

Das Zentralkomitee ist der größte Zusammenschluss katholischer Laien in Deutschland. Generalsekretär Frings sagte, er wünschte, dass der Kölner Kardinal mit derselben Energie, die er vor dem Landgericht an den Tag gelegt habe, auch für Reformen eintreten würden. Denn nur die Reformen würden, "die systemischen Ursachen, die Missbrauch und Vertuschung begünstigt haben, nachhaltig bekämpfen." Kardinal Woelki gilt in Kirchenkreisen allerdings eher als Gegner dieser Reformen, die etwa Machtstrukturen in der Kirche ändern wollen.

Heute war kein guter Tag, um Vertrauen zurückzugewinnen in die katholische Kirche. Marc Frings, Zentralkomitee deutscher Katholiken

Selbstverständlich, so Frings, habe auch der Kardinal von Köln das Recht, sich vor Gericht zu verteidigen. Aber dass Woelki bei seiner eigenen Aussage vor Gericht erneut betonte, keine Akten gelesen zu haben, mache für eine Führungsperson keinen guten Eindruck.

Keine Erinnerung

Die drei Verhandlungstage bis zur Entscheidung hatten für Aufregung gesorgt. Ein Zeuge und eine Zeugin sagten aus, den Kardinal mit Informationen zu einem möglichen Missbrauchs-Täter versorgt zu haben. Dass er aber beispielsweise ein Warnschreiben der Polizei persönlich gesehen habe, konnten sie nicht bestätigen.

Am letzten Verhandlungstag war dann Kardinal Woelki selbst geladen. Mit dem Fahrrad kam er am Landgericht an. Volksnah, wie es schien. Seine Aussage als Kläger irritierte aber einige Beobachter im Gerichtssaal. An ein - laut Zeugin -  ausführliches Telefonat mit intimen Details könne er sich nicht erinnern, sagte er.

Erfolg für Kardinal Woelki

Das Erzbistum Köln schrieb nach dem Urteil am Mittwoch von einem Erfolg für Kardinal Woelki. Auch in den vorausgegangenen Prozessen habe das Gericht der Bild bereits "mehrfach bescheinigt, dass ihre Berichterstattung über Kardinal Woelki in erheblicher Weise unzulässig war."

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Springer Verlag, und damit die Bild-Zeitung, es nicht geschafft hätten ihre Tatsachenbehauptungen aus dem Artikel zu beweisen.

"Skandalöse Entscheidung"

Ein Sprecher des Axel Springer Verlages sagte, die Entscheidung sei "wohl im Auge eines jeden Prozessbeobachters – skandalös." Die Aufgabe der Presse, Missbrauchstaten aufzudecken, werde durch die vom Landgericht Köln "angelegten Maßstäbe unmöglich gemacht." Der Verlag werde daher gegen das Urteil Berufung einlegen.

Die Aussage Woelkis vor Gericht könnte aber noch ein anderes juristisches Nachspiel haben. In einer Anzeige, die dem WDR vorliegt, wird Woelki eine "falsche Aussage unter Eid" vorgeworfen. Als Beweismittel ist ein Brief angefügt, von Woelki unterschrieben. Darin meldet er Vorwürfe gegen einen Priester nach Rom. Von eben diesen Vorwürfen, so sagte er vor Gericht, habe ihm bis heute niemand berichtet. Die Staatsanwaltschaft Köln konnte den Eingang der Anzeige bisher noch nicht bestätigen.

Das Erzbistum widerspricht dem Vorwurf einer Falschaussage auf WDR Nachfrage. Als der Kardinal Woelki zu einem Gesprächsprotokoll befragt worden sei, habe er zwar gesagt, dass ihm "bis heute" niemand etwas über die Vorwürfe des Herrn H. berichtet habe. Diese Aussage beziehe sich aber alleine auf das Gesprächsprotokoll und dessen Inhalt. Einen vierseitigen Brief, in dem die Vorwürfe an Rom gemeldet wurden, habe der Kardinal zwar beauftragt und unterschrieben, "er kann sich aber nicht erinnern", das Schreiben gelesen zu haben.

Kölner Kardinal gegen Axel Springer Verlag

00:54 Min. Verfügbar bis 25.04.2025 Von Markus Schmitz


Über dieses Thema berichtet der WDR auch im Fernsehen in der Lokalzeit Köln am 26.04.2023 um 19:30 Uhr.

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