Wohnungen aus ehemaliger Schule

Mieterbund: So dramatisch ist die Situation auf dem Bonner Wohnungsmarkt

Stand: 03.11.2023, 18:52 Uhr

Bonn wächst am schnellsten von allen Städten in Nordrhein-Westfalen. In den kommenden 25 Jahren, so die Prognose der Statistiker, werden aus 330.000 dann 360.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Doch die Mietsituation ist schon jetzt extrem schwierig.

Von Jochen Hilgers

Manche nennen ihn den Mieterbund-Papst. Gemeint ist der Chef des Bonner Mieterbundes Bernhard von Grünberg. Jeden Donnerstag hält er im Bürgerbüro des Bonner Rathauses die Mietersprechstunde ab. Seit 1971, also seit 52 Jahren.

Während er auf seinen ersten Besuch wartet, sagt er, die Lage war schon lange schwierig auf dem Mietmarkt. "So schwierig wie jetzt aber noch nie". Für manche seiner Klienten sei es sogar aussichtslos, eine Wohnung zu bekommen.

Jahrelange Wohnungssuche - ohne Erfolg

Bernhard von Grünberg vom Bonner Mieterbund sitzt mit einer Klientin für sein Beratungssespräch an einem Tisch

Bernhard von Grünberg mit seiner Klientin Dilek Sertkaya

Im Bürgerbüro zeigt sich Bernhard von Grünbergs Sprechstunde oft die Dramatik für die Mieterinnen und Mieter. Tränen fließen, Verzweiflung ist fast immer dabei. Dilek Sertkaya ist alleinerziehend. Ihre Tochter büffelt für das Abitur. Jetzt hat der Vermieter ihr gekündigt. Sie weiß nicht wohin. Von Grünberg wird versuchen, dass sie wenigstens noch ein paar Monate Aufschub ihrer Kündigung erhält.

Hassan Hanan hat fünf Kinder. Vor Kurzem kamen Zwillinge. Eigentlich hätte er Ende Oktober die Wohnung räumen müssen. "Ich habe bisher keinerlei Alternative", sagt der Syrer, der seit 26 Jahren in Bonn lebt. Das türkischstämmige Ehepaar Zeren hat vier Kinder. Die Familie lebt auf 56 Quadratmetern.

Der Mann arbeitet als Elektrofachmann, hat ein gutes Einkommen. Trotzdem klappt es nicht mit der Wohnungssuche. Ehefrau Zeynep sagt, sie würden seit acht Jahren vergeblich eine größere Wohnung suchen. Da ist auch Bernhard von Grünberg ratlos.

Dachgeschossausbau und weitere Verdichtung als Lösung?

Die Lage ist dramatisch. In Bonn fehlt Platz für Neubauten. Das sagt auch Haus und Grund Bonn/Rhein- Sieg. Der Verein vertritt die Eigentümer. Hauptgeschäftsführer Markus Gelderblom fordert, dass in der Stadt verdichtet wird. Also Lücken genutzt werden. Dazu müsse sich aber auch die Einstellung der Bevölkerung ändern. Die sei eigentlich für Neubau - nur nicht vor der eigenen Haustür.

Beirat Sefan Raetz bringt den Ausbau von Dachgeschossen ins Spiel. Dafür dürften aber die bürokratischen Hürden nicht zu hoch gelegt werden. Zum Beispiel der Zwang dann Aufzüge einbauen zu müssen oder Stellplätze anzubieten. Die Stadt Bonn ringt um Lösungen. Verdichtung spielt auch für die Chefin des Stadtplanungsamtes Petra Denny eine wichtige Rolle. Sie will den Bauherren entgegenkommen. 

Genossenschaft baut ehemalige Schule um

Bernhard von Grünberg hält Zettel in der Hand, auf der seine Pläne für 55 Wohnungen abgebildet sind

Bernhard von Grünberg mit den Plänen für 55 Wohnungen in einer ehemaligen Schule

Für Bernhard von Grünberg ist indes ein Punkt erreicht, an dem es gefährlich wird. Müllwerker, Busfahrer oder Pflegepersonal könnten sich die Mieten in Bonn nicht mehr leisten und müssten wohl bald von weither zur Arbeit nach Bonn pendeln. Denn je weiter im Umland, desto günstiger seien die Mieten.

Mit seinen 78 Jahren hat Berrnhard von Grünberg jetzt eine Genossenschaft gegründet. Eine Schule im Stadtteil Friesdorf stand 15 Jahre leer. Jetzt sollen dort 55 Wohnungen entstehen. Mitgenossenschafter ist der Eigentümerverein Haus und Grund Bonn/Rhein-Sieg. Wenn das nicht ein Schulterschluss ist. 

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