Endlich: Das Haus von Luis wird abgerissen

Lokalzeit aus Bonn 13.07.2023 04:03 Min. Verfügbar bis 13.07.2024 WDR Von Monika Steinhaus

Lernen aus der Flut: Familie in Swisttal baut Haus mit Notausgang

Stand: 14.07.2023, 06:00 Uhr

Zwei Jahre lang kämpft Familie Cramer um den Abriss ihres Hauses. Die Flutkatastrophe hat es so sehr zerstört, dass es unbewohnbar ist. Trotz Versicherung zwei Jahre mit viel Kampf und Verzweiflung. Ein Tag zwischen Staub und Geröll.

Von Monika Steinhaus

Sie haben Stühle und Bänke aufgestellt - fast wie im Kino. Wie gebannt beobachtet der 12-jährige Luis mit seinen Eltern und seinen Verwandten den Bagger vor seinem alten Zuhause. Stück für Stück reißt der schwere Koloss mit seinem Greifer die gelben Hauswände nieder.

Auf diesen Moment hat Familie Cramer fast zwei Jahre gewartet. Endlich kann auch Luis Abschied nehmen. "Es fühlt sich an, als würde das Haus einem gar nicht mehr gehören, weil man so schlechte Erinnerungen dran hat."

Die Flut nimmt Luis sein Zuhause

Luis ist in diesem gelben Haus direkt neben dem Orbach in Swisttal-Odendorf aufgewachsen. Aber hier hat er auch die Flutkatastrophe erlebt. Vor 2 Jahren tobt der sonst so kleine Orbach mitten durch das Dorf. Die Wassermassen treffen mit geballter Kraft auf das Haus der Cramers.

Diese Bilder wird Luis wohl nie vergessen: "Die Haustür ist aufgebrochen, dann haben Mama und Papa die wieder drangemacht. Aber dann kam eine Welle und bei Mama und Papa war das Wasser direkt bis zur Schulter. Echt schlimm!"

Zu sehen ist das Haus von Luis, das bis zum 1. Stock unter Wasser steht

Schnell ist die erste Etage überflutet. Mit viel Glück kann sich Luis mit seinen Eltern auf das Schuppendach retten. Es ist dunkel - stundenlang sitzen sie mit viel Angst auf dem Dach.

Die Unsicherheit und der viele Ärger

So hat Luis sein Zuhause verloren. Lange Zeit ist unklar, wie es für die Cramers überhaupt weitergeht. Das zerstörte Haus so nah am Orbach. Abriss, Neubau oder doch weg von hier?

Und der Ärger rund um das Haus nimmt kein Ende: Mit der Versicherung, der Gemeinde Swisttal, dem Rhein-Sieg-Kreis, es fehlen Handwerker und dann kommt auch noch Corona dazu. Gegenüber ist auch das Haus der Großeltern überflutet worden. Sechs Erwachsene und drei Kinder haben über Nacht fast alles verloren.

Das Leben im Wohnwagen und im Kuhstall  

Zu sehen ist der alte Kuhstall, den die Cramers zu ihrem provisorischen Wohnzimmer mit Küche und Essbereich umgebaut haben

Im Innenhof von Oma und Opa - nur wenige Meter vom Unglücksort entfernt - bauen sie drei Wohnwagen auf. In einem davon lebt Luis mit seinen Eltern. Tagsüber treffen sich alle im alten, umgebauten Kuhstall von Oma und Opa. Er ist ihr provisorisches Wohnzimmer. Ausgestattet mit Spenden und dem, was sie retten konnten. Aber der Stillstand macht hier alle mürbe.

Erst vor ein paar Wochen gibt es den ersten Lichtblick. Luis zieht mit seinen Eltern - 600 m entfernt - in ein Tinyhouse. Endlich ein eigenes Zimmer, aber es ist wieder nur eine Übergangslösung.

Der Abriss und die wichtige Perspektive

Jetzt - zwei Jahre nach der Katastrophe - steht fest: Sie dürfen am gleichen Ort wieder aufbauen. Der Bagger reißt endgültig ihr altes Zuhause ab. Nur diesmal bauen sie ihr Haus eine Etage höher. Das Erdgeschoss, von der Flut damals total zerstört, das soll zur Sicherheit kein Wohnraum mehr werden.

Und Luis, der heute 12-Jährige, zieht ins Dachgeschoss. Mit einem Notausgang zum Garten. Die Katastrophe hat bei ihm Spuren hinterlassen: "Man sieht, dass das Wasser noch weit unter einem ist, wenn man so weit oben ist. Das gibt einem das Gefühl der Sicherheit."

Der Abriss ist auch für Cousine Lilly von gegenüber ein schönes Ereignis. "Ich freu mich dann richtig, wenn die wieder bei uns wohnen, weil wir dann wieder eine richtige Familie sind. Ich finde es schön, wenn wir uns dann richtig nah sind." Und damit gibt es nach zwei harten Jahren für Luis, seine Eltern und die ganze Familie endlich wieder eine Perspektive. Wann der Neubau allerdings fertig ist, das wissen die Cramers nicht.

Weitere Themen