Tag nach der Explosion in Solingen

Aktuelle Stunde 26.06.2024 28:26 Min. UT Verfügbar bis 26.06.2026 WDR Von Rüdiger Knössl

Nach der Explosion in Solingen: "Hier waren viele Schutzengel da"

Stand: 27.06.2024, 08:01 Uhr

Nach der Explosion in der Solinger Innenstadt gibt es auch zwei Tage danach noch immer mehr Fragen als Antworten. Die Geschehnisse wirken nach.

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Auf der Konrad-Adenauer-Straße fließt der Verkehr wieder. Aber die Spuren des 25. Juni sind noch zu erkennen: zersplitterte Schaufensterscheiben, Blutspuren und Markierungen der Polizei. Immer wieder treffen sich Menschen in Gruppen und tauschen sich aus. Sie sind fassungslos. Viele von ihnen sind Augenzeugen, Anwohner oder Besitzer der Ladenlokale in der Nachbarschaft.

Eine zersprungene Glastür.

Kaputte Scheiben am Café

Am Dienstagnachmittag gegen 14.20 Uhr kam es zu einer Explosion. Kurz zuvor habe ein Mann eine Flasche auf dem Gehweg vor einem Café fallen lassen. Es gab eine Verpuffung. Dabei soll der Unbekannte selbst Feuer gefangen haben. Augenzeugen berichten, dass er danach die Straße entlang lief. Er schrie um Hilfe und rannte in das Café.

Rettungskräfte brachten den Schwerverletzten mit dem Hubschrauber in eine Spezialklinik, wo er später starb. Vier weitere Menschen erlitten Verletzungen, darunter ein siebenjähriges Mädchen.

Die Identität des Verstorbenen ist nach Angaben der Wuppertaler Staatsanwaltschaft noch nicht geklärt. Daran hänge aber ein mögliches Motiv für den Anschlag. Der Geschäftsführer des Cafés, Deniz Koca, dem vermutlich der Anschlag galt, fühlte sich bereits seit Tagen bedroht.

"Ich stehe unter Schock"

Besitzer des Cafes steht in seinem Geschäft

Besitzer des Cafés, Deniz Koca

Er war auch direkter Augenzeuge der Tat. Er sah, wie der Mann auf sein Café zulief. "Ich kann das alles noch nicht realisieren. Ich stehe noch komplett unter Schock. Unfassbare Bilder. Er rannte brennend in mein Café. Wir haben ihn mit einem Feuerlöscher versucht zu löschen.", erzählt er.

Eine Etage über dem Café kochte Bewohnerin Cornelia Orban Mittagessen, als es knallte. Sie kann sich genau an die Explosion erinnern:

"Mir ist das Essen aus der Hand gefallen. Ich bin direkt runter auf die Straße gerannt. Ich habe den Mann auf dem Boden liegen gesehen. Überall war Rauch. Es war schon die letzten Tage hier unruhig und jetzt explodiert es direkt unter meinem Haus. Das macht was mit einem. Ich habe kaum geschlafen."

Ein Mann steht in der Straße.

Augenzeuge Aci Kogöz

Der Augenzeuge und Stammgast im Café Aci Kogöz versuchte, kurz nach der Explosion zu helfen: "Es war absolute Panik auf der Straße. Diese Bilder von dem Mann waren furchtbar. Und was bleibt, ist ein mulmiges Gefühl. Was passiert hier als nächstes?" sagt er.

Zerborstene Schaufenster von Fitnessstudio

Die Detonationswelle erreichte auch das benachbarte Fitnesstudio "Fitness Centrum TM". Alle Schaufensterscheiben gingen zu Bruch. Leiter, Dirk Mähler, saß im Büro, als er von der Druckwelle erfasst wurde. "Mein Sohn war direkt an der Begrüßungstheke. Wenn ich mir vorstelle, dass er näher an der Scheibe gewesen wäre - da kriege ich Schluckbeschwerden.", erzählt Dirk Mähler.

Ein Mann steht in einem Fitness Studio.

Besitzer des Fitnessstudios Dirk Mähler

Sohn Philipp Mähler versteckte sich hinter der Theke und blieb unverletzt. Der Schock sitzt trotzdem tief. Bis nachts um 1 Uhr hat die Polizei die Spuren gesichert. Zum Glück gab es im Fitness-Studio zu der Zeit keine Kurse für Kinder. Sonst hätten viele zur Mittagszeit im Empfangsbereich gewartet. "Gestern waren hier einige Schutzengel da, das hätte wirklich schlimm ausgehen können," so Dirk Mähler.

Es wird noch einige Tage dauern, bis sich die Stimmung in der Solinger Innenstadt beruhigt. Anwohner und Ermittler hoffen auf Antworten.

Quellen:

  • Reporterin vor Ort

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