Patricia Schlesinger, Journalistin, bei einem dpa-Interview

RBB: Schlesinger fristlos entlassen

Stand: 22.08.2022, 17:45 Uhr

Die abberufene Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, Patricia Schlesinger, wird fristlos entlassen. Diese Entscheidung teilte der RBB-Verwaltungsrat in Berlin mit.

Der Verwaltungsrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) hat die abgelöste Intendantin Patricia Schlesinger fristlos entlassen. Sie soll weder eine Abfindung noch Ruhegeldzahlungen oder eine Hinterbliebenenversorgung erhalten. Die Beschlüsse seien erforderlich, um die Rechte des RBB gegenüber Schlesinger auch im Interesse der Beitragszahler bestmöglich zu wahren, so die amtierende Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König.

Vertrauensverhältnis zu Schlesinger "nachhaltig zerstört"

"Zu den konkreten Gründen für die beschlossene außerordentliche fristlose Kündigung möchte ich mich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern, da diese nunmehr zunächst Frau Schlesinger und ihrem Rechtsanwalt mitgeteilt werden. Dies ist unseres Erachtens ein Gebot des fairen Verfahrens", sagte König.

Der Verwaltungsrat sehe das Vertrauensverhältnis zu Schlesinger durch ihr Verhalten als nachhaltig zerstört an. "Ausdrücklich möchte ich klarstellen, dass eine Abfindung für Frau Schlesinger im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung ihres Dienstverhältnisses auf der Grundlage der vorliegenden Fakten nicht in Betracht kommt", so König.

Vorwürfe der Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme und Verschwendung

Vor einer Woche war Schlesinger vom Rundfunkrat - dem zweiten Kontrollgremium - abberufen worden. Die 61-Jährige sieht sich seit Ende Juni zahlreichen Vorwürfen des Filzes und der Vetternwirtschaft ausgesetzt. Sie war seit Jahresbeginn ARD-Vorsitzende und seit 2016 RBB-Intendantin. Von beiden Ämtern trat sie zurück.

Auch Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter steht in der Kritik

Am Abend soll es in dem Verwaltungsrat auch um die Frage gehen, wie ein Neuanfang an der Spitze des Senders gelingen kann. Aktuell führt nach RBB-Angaben Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter die Geschäfte. Wie heute bekannt wurde, ist er offenbar für mehrere Wochen krankgeschrieben. Brandstäter steht wegen der Aufarbeitung der Krise um Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen Schlesinger ebenfalls in der Kritik.

27 Führungskräfte profitierten vom Bonussystem

Der 63-Jährige gehörte seit Jahren zur engsten Führungsriege unter Schlesinger, den Posten des Verwaltungsdirektors bekleidete er schon seit der Gründung des RBB im Jahr 2003. Damit zählte er zu dem Kreis jener hohen Führungskräfte, die vertraglich hohe zusätzliche "leistungsbezogene Vergütungen" erhielten, wie er in einer RBB-Sondersendung zu Beginn des Skandals selbst bestätigte. Nach öffentlichem und internem Druck hatte Brandstäter vergangene Woche Details zu dem Bonussystem veröffentlicht, vom dem 27 Führungskräfte profitierten. Brandstäter selbst bekam demnach als Verwaltungsdirektor ein Grundgehalt von 230.000 Euro - die zusätzlichen Vergütungen schlugen 2021 mit 30.738 Euro zu Buche.

Viele wollen einen Neuanfang an der Spitze des Senders

Der Geschäftsleitung unter Brandstäter und vier weiteren Direktoren wird mangelnde Aufarbeitung und Kommunikation vorgeworfen. So kritisierte etwa WDR-Intendant Tom Buhrow, dass auch er als nun wieder amtierender ARD-Chef die meisten Details der Affäre nur aus der Presse erfahre. Buhrow und sieben weitere Intendantinnen und Intendanten der Landesanstalten hatten der RBB-Geschäftsleitung am Wochenende das Vertrauen entzogen.

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 22.08.2022 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.

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