Im Juni hatte die Berliner Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass mehrere Strafanzeigen "aus dem Bereich der Sexualdelikte" gegen Lindemann gestellt worden seien. Diese waren demnach aber nicht durch Betroffene erstattet worden, sondern durch Dritte. Jetzt habe die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren "mangels hinreichenden Tatverdachts" eingestellt, so Lindemanns Rechtsanwälte "Schertz Bergmann".
Die Rechtsanwälte sehen die schnelle Einstellung als Beleg, dass keine hinreichenden Beweise oder Indizien vorlagen. Laut der Ermittlungsakte sei unter anderem die YouTuberin Kayla Shyx bei den Ermittlungen befragt worden.
Staatsanwaltschaft fehlen Beweise
Weder Sexualdelikte noch Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz konnte die Staatsanwaltschaft Berlin feststellen. In einer Pressemitteilung schreibt sie: "Die Auswertung der verfügbaren Beweismittel – vor allem der Presseberichterstattung, die sich auf anonyme Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber bezieht, wie auch der ergänzenden Vernehmung von Zeuginnen – hat keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass der Beschuldigte gegen deren Willen sexuelle Handlungen an Frauen vorgenommen, diesen willensbeeinflussende oder -ausschaltende Substanzen verabreicht oder gegenüber minderjährigen Sexualpartnerinnen ein Machtgefälle ausgenutzt hat, um diese zum Geschlechtsverkehr zu bewegen."
Keine Geschädigten
Die Ermittlungen waren aufgrund von Anzeigen Dritter in Zusammenhang mit Presseberichterstattung eingeleitet worden. Die in der Presseberichterstattung wiedergegebenen Angaben von Zeuginnen und Zeugen hätten sich durch die Ermittlungen nicht bestätigt, denn mutmaßliche Geschädigte hätten sich bislang nicht an die Strafverfolgungsbehörden gewandt, sondern ausschließlich an Journalistinnen und Journalisten, die sich ihrerseits auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen hätten.
Unglaubwürdige Zeugen
Die Angaben der Zeugin Kyla Shyx, die zunächst über „Youtube“ Vorwürfe erhoben hatte, seien in den Vernehmungen zu unkonkret geblieben: Die Zeugin hätte kein eigenes Erleben strafrechtlich relevanter Vorfälle schildern können, heißt es in der Mitteilung. Sie hätte lediglich Rückschlüsse aus eigenen und fremden Beobachtungen dargestellt. Andere von der Zeugin benannte Personen sollen entweder schon nichts strafrechtlich Relevantes beobachtet haben oder wurden nicht hinreichend identifizierbar benannt und konnten auch durch die weiteren polizeilichen Ermittlungen nicht namhaft gemacht werden.
Nordirin Shelby Lynn nicht geschlagen
Die litauischen Behörden haben die Einleitung eines Ermittlungsverfahren gegen den Rammstein-Frontmann zum angeblichen gewaltsamen Übergriff auf Shelby Lynn im Umfeld eines Konzertes am 22. Mai diesen Jahres abgelehnt. Der Staatsanwaltschaft Berlin lagen Unterlagen der litauischen Behörden vor. Es hätten sich keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte für Sexualstraftaten durch Lindemann ergeben, heißt es. Die Herkunft eines Hämatoms allein ließe keinen Rückschluss auf eine solche Tat zu.
Keine Hinweise auf K.O.-Tropfen
Zu dem Ergebnis eines von Shelby Lynn selbst veranlassten Drogentests seien widersprüchliche Angaben übermittelt worden. Es habe keine Hinweise auf eine etwaige unfreiwillige Einnahme von Betäubungsmitteln oder nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr im widerstandsunfähigen Zustand gegeben. Es ist allerdings bekannt, dass K.O.-Tropfen bereits nach 12 Stunden nicht mehr im Urin nachweisbar sind. Gegenüber dem NDR hatte Lynn über die Begegnung mit Lindemann gesprochen: "Ich bin fast zu 100 Prozent sicher, dass ich unter Drogen gestanden habe." So wie an diesem Abend habe sie sich in ihrem ganzen Leben noch nicht gefühlt.
Kein Sex mit Minderjährigen
Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen über eine junge Frau, die vermeintlich als 15-Jährige eine sexuelle Beziehung mit dem Beschuldigten eingegangen sein will, konnte ebenfalls nicht erhärtet werden. Denn auch diese Zeugin blieb anonym und konnte deshalb nicht vernommen werden. Gegen die Tourmanagerin war aufgrund von Medienberichten wegen des vermeintlichen Zuführens junger Frauen bei Konzerten in den Backstagebereich Anzeige erstattet worden. Das gegen sie geführte Verfahren wurde ebenso eingestellt.
Unsere Quellen:
- Pressemitteilung Rechtsanwälte Schertz Bergmann vom 29.8.2023
- Pressemitteilung Staatsanwaltschaft Berlin vom 29.8.2023
- Tagesschau-Artikel vom 15.6.23: "Ermittlungen gegen Lindemann: Was bedeutet das für den Rammstein-Sänger?"