BGH-Urteil zu Pfando: Was Kundinnen und Kunden wissen sollten

Stand: 30.12.2022, 18:23 Uhr

Unkompliziert Bargeld fürs Auto bekommen und das Fahrzeug weiternutzen: Damit lockt Pfando. In den letzten Jahren haben viele Kunden gegen das Unternehmen geklagt, weil sie sich falsch beraten fühlten. Der Bundesgerichtshof hat zum Jahresende eine wichtige Entscheidung zum Geschäftsmodell von Pfando getroffen. „Sittenwidrig“, urteilte der BGH in einem Fall.

Von Philip Raillon

Bei der „Pfando’s Cash and Drive GmbH“ verkaufen die Kundinnen und Kunden ihr Auto. Sie mieten das Fahrzeug dann zurück und können es weiternutzen. In den Fällen, die dem WDR bekannt sind, zahlte Pfando maximal die Hälfte des Fahrzeugwertes; die monatliche Miete lag mindestens bei knapp unter 10 Prozent des Kaufpreis. 

Beispiel: Wenn das Auto noch 10.000 Euro wert ist, zahlt Pfando – nach den dem WDR bekannten Fällen – maximal 5000 Euro Kaufpreis. Die monatliche Miete würde dann knapp 500 Euro betragen, zuzüglich einer einmaligen Gebühr.

Ex-Kunden fühlen sich falsch beraten

Der WDR hatte in den vergangenen Jahren Kontakt zu mehreren Kunden, die sich von Pfando falsch beraten fühlen. Der Fall von Pfando-Kundin Daniela ist typisch; ihren Nachnamen möchte sie nicht nennen.

Von einem Verkauf sei im Beratungsgespräch keine Rede gewesen, berichtet sie. Sie ging vielmehr von einem Darlehen aus. Den Vorwurf der Falschberatung hat Pfando immer wieder bestritten. In einer Stellungnahme hieß es: "Unsere Mitarbeiter werden quartalsweise geschult, um unseren Kunden unser Produkt und unser Vertragswerk in jeder Sicht juristisch korrekt und transparent erklären zu können." 

Mehrere Stichproben des WDR bestätigten aber den Kundenvorwurf der ungenauen oder falschen Beratung, zuletzt Ende 2022.

BGH: Pfando-Geschäft in einem Fall sittenwidrig

Mitte November urteilte der Bundesgerichtshof über Alt-Verträge von Pfando: Ein Dortmunder Pfando-Kunde hatte für sein Auto mit einem Wert von 13 000 Euro nur 5 000 Euro Kaufpreis erhalten. Über mehrere Monate zahlte er insgesamt rund 4 500 Euro an Pfando – für Miete und Gebühren. Wegen des geringen Kaufpreises und der hohen Mietzahlungen stufte der Bundesgerichtshof das Geschäft als sittenwidrig ein.

Das Urteil der Sittenwidrigkeit lasse sich auch auf viele andere Fälle anwenden, meint der Erfurter Rechtsanwalt Holger Schilling; er hat in den vergangenen Jahren über hundert Pfando-Kunden vertreten. Bei fast allen seiner Mandaten hätten ähnliche Bedingungen gegolten wie im vom BGH beurteilten Fall.

Pfando dagegen geht von „einer sehr geringen Zahl“ von sittenwidrigen Verträgen aus.

Stichprobe: großer Abstand zwischen Wert und Kaufpreis

Eine aktuelle WDR-Stichprobe legt nahe, dass Pfando noch immer Verträge abschließt, die ähnlich gelagert sind wie im vor dem BGH verhandelten Fall. Bei der Stichprobe kalkulierte ein Pfando-Berater an der Hotline den Fahrzeugwert zwischen 12.000 bis 14.000 Euro. Als Kaufpreis bot er 6000 Euro an, die monatliche Miete würde dann 708 Euro betragen.

Ein Vertrag mit diesen Konditionen wäre wohl ebenfalls sittenwidrig. Pfando schreibt auf Anfrage, das beschriebene Verhältnis von Kaufpreis zu Fahrzeugwert würde nicht dem Üblichen entsprechen und könnte allenfalls eine Ausnahme sein.

Pfando sieht sich nach dem BGH-Urteil vielmehr gestärkt. Mehrere Oberlandesgerichte hatten beim Geschäftsmodell einen Verstoß gegen die Gewerbeordnung festgestellt. Das verneinte der BGH: Pfando betreibe keinen verbotenen Rückkaufhandel.

Ohne Klage kein Schadenersatz

Pfando-Kunden, die sich unfair behandelt fühlen, müssen aufwändig klagen, um gegebenenfalls Geld zurück oder Schadenersatz zu bekommen. Das Gericht muss dann im Einzelfall prüfen, ob der jeweilige Vertrag sittenwidrig ist. Dazu muss in der Regel ein Gutachten über den Wert des Fahrzeugs erstellt werden.

Prinzipiell gilt weiterhin: Das Pfando-Modell verspricht Verbrauchern zwar schnell und unkompliziert Geld für ihr Auto. Im Vergleich zu einem Kreditzins zahlen Kunden dafür aber einen sehr hohen Preis. Und bei Vertragsende haben sie kein Recht das Auto zurückzubekommen; vielmehr sind sie auf die Kulanz von Pfando angewiesen.