Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte von Urlaubern bei Corona-Einschränkungen gestärkt. Pauschalreisende können Geld zurückverlangen, wenn die Reise von Corona-Maßnahmen durchkreuzt wurde, entschied der EuGH am Donnerstag in Luxemburg.
Im zugrunde liegenden Fall ging es um zwei Deutsche, die Mitte März 2020 nach Gran Canaria geflogen waren. Zwei Tage nach ihrer Ankunft kam es zu strikten Schutzmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie: Strände und Pools wurden gesperrt, das Animationsprogramm war gestrichen. Wegen einer Ausgangssperre durften die Touristen ihr Hotelzimmer nur noch zum Essen verlassen und mussten schließlich eine Woche früher als geplant nach Deutschland zurückkehren. Daraufhin klagten sie auf die Erstattung von 70 Prozent des Reisepreises.
Der Reiseveranstalter verweigerte dies mit der Begründung, dass er nicht für ein solches "allgemeines Lebensrisiko" einstehen müsse. Zu Unrecht, urteilte das EuGH, das den Fall zurück an das Landgericht München überwies. Dort soll nun über die Höhe der Erstattung entscheiden werden.
"Höhere Gewalt" spielt keine Rolle
Die Verbraucherzentrale NRW bewertet das EuGH-Urteil als "grundsätzlich sehr positiv". Die Frage, ob "höhere Gewalt" die Reise beeinträchtigt habe oder nicht, spiele demnach keine Rolle, sagte Rechtsexpertin Iwona Husemann dem WDR. So lange Reisende die Leistungsminderung nicht selbst verschuldet hätten, müsse der Veranstalter haften.
Allerdings werde durch das Urteil nur grundsätzlich geklärt, dass die Veranstalter bei Einschränkungen haften müssten. Husemann rechnet damit, dass es in nächster Zeit viele Einzelfälle gibt, in denen geklärt werden muss, wie groß die Einschränkung war und wie hoch die entsprechende Erstattung anzusetzen ist.
Verjährung bei Reisen schon nach zwei Jahren
Betroffene Reisende müssen zudem die Verjährungsfristen beachten, die im Reiserecht kürzer sind als in vielen anderen Bereichen. So betragen diese zwei Jahre ab Ende der Reise. Ist dieser Zeitraum vorbei, ohne dass man rechtliche Schritte, die die Verjährung hemmen, eingeleitet hat, kann man rechtlich nicht mehr gegen den Veranstalter vorgehen. Fälle aus dem ersten Corona-Jahr 2020 können also in der Regel nicht mehr geltend gemacht werden.
Betroffenen wird geraten, sich schriftlich an die Reiseveranstalter zu wenden und diese zu Rückerstattungen aufzufordern. Bei Fragen kann man sich jederzeit an die Verbraucherzentralen wenden.
Reiseveranstalter beklagen "einseitige Entscheidung"
Reiseveranstalter kritisierten das Urteil am Donnerstag als lebensfremd. "In der Ausnahmesituation einer Pandemie können allgemeine Lebensrisiken nicht weitgehend an Reiseanbieter ausgelagert werden", sagte Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband. Der Europäische Gerichtshof hätte mehr Augenmaß walten lassen sollen, statt eine einseitige Entscheidung zu Lasten von Reiseanbietern zu fällen.