Razzia gegen "Reichsbürger"

Aktuelle Stunde 10.10.2023 UT Verfügbar bis 10.10.2025 WDR Von Alexander Schwinning

Razzien gegen sogenannte Reichsbürger: Verhaftungen auch in NRW

Stand: 10.10.2023, 19:14 Uhr

Die Polizei hat in mehreren Bundesländern Wohnungen sogenannter Reichsbürger durchsucht und Verdächtige verhaftet. Einer von ihnen wurde im Kreis Mettmann festgenommen.

Im Zuge einer bundesweiten Razzia hat die Polizei in mehreren Bundesländern Wohnungen sogenannter "Reichsbürger" und deren mutmaßlicher Unterstützer durchsucht. Mehrere Verdächtige wurden verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, "die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und durch ein letztlich autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 zu ersetzen", wie es in einer Pressemitteilung des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf heißt.

Demnach fanden die Durchsuchungen am Dienstag zeitgleich in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen statt.

Reichsbürger aus Kreis Mettmann soll zentrale Rolle gehabt haben

Im Kreis Mettmann nahm die Polizei einen 49 Jahre alten Mann fest, der laut der Ermittler eine zentrale Rolle in der mutmaßlichen Terrorgruppe "Vereinte Patrioten" gehabt haben soll. Er sollte demnach eine zentrale Rolle bei den Anschlägen auf die Energieversorgung spielen oder bei der "Durchführung und Sicherung der 'konstituierenden Sitzung der neuen Regierung'".

Ihm wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen sowie die "Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens". Den genauen Ort der Festnahme sowie einer Wohnungsdurchsuchung wollte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft nicht nennen.

Innenminister erleichtert über die Festnahme

Herbert Reul

NRW-Innenminister Herbert Reul

Innenminister Herbert Reul (CDU) äußerte sich erleichtert über die Festnahme. "Staatsstreiche orchestrieren und Anschlagspläne ausklamüsern ist nichts, was in unserer Republik unbehelligt funktionieren kann. Was da herbeigeträumt wurde und sich im Kern gegen den Staat und seine Vertreter richtete, ist ungeheuerlich", sagte Reul. "Ich bin froh, dass der Mann seine vermeintliche Führungsrolle los ist und ein Demokratiefeind weniger auf unseren Straßen unterwegs ist."

Festnahmen auch in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen

Die Generalstaatsanwaltschaft München teilte mit, ein nun in Wolfratshausen festgenommener Beschuldigter soll an der Planung einer Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beteiligt gewesen sein. Dafür habe er sich bereit erklärt, in Kroatien Schusswaffen zu besorgen.

In Baden-Württemberg nahmen Beamte der rheinland-pfälzischen Polizei einen Menschen fest, der im Verdacht steht, der Vereinigung einen Server für konspirative Kommunikation zur Verfügung gestellt zu haben. Außerdem soll er sich an der Verwaltung einer geschlossenen Chatgruppe beteiligt haben.

Ein weiterer Beschuldigter soll Mitglieder der Gruppe bei einem Treffen in die Bedienung von Funkgeräten eingewiesen haben. Außerdem werfen ihm die Ermittler vor, er habe in Chatgruppen zur Teilnahme an Zusammenkünften der Vereinigung aufgerufen.

Reichsbürger erkennen Bundesrepublik nicht an

Wegen eines geplanten Umsturzes in Deutschland und der beabsichtigten Entführung von Lauterbach sind bereits vier Männer im Alter zwischen 44 und 56 Jahren und eine 76-Jährige vor dem Oberlandesgericht Koblenz angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben oder darin Mitglied gewesen zu sein. Die Gruppe namens "Vereinte Patrioten" soll einen politischen Umsturz und eine neue Verfassung nach dem Vorbild des Deutschen Kaiserreichs 1871 geplant haben. Den Beschuldigten drohen bis zu 10 Jahre Haft.

"Reichsbürger" sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 2022 deutschlandweit etwa 23.000 Menschen zu, 2000 mehr als im Vorjahr.

Unsere Quellen:

  • dpa
  • Generalstaatsanwalt Düsseldorf

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 10.10.2023 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.