Polizei führt jemanden in Handschellen ab

Tatverdächtige: NRW-Polizei nennt bald immer die Nationalität

Stand: 28.07.2024, 18:06 Uhr

Das NRW-Innenministerium plant, dass in Polizei-Pressemitteilungen künftig die Nationalität von Tatverdächtigen genannt werden soll.

Die Polizei in NRW geht in Pressemitteilungen demnächst anders mit Tatverdächtigen um. So soll künftig ihre Nationalität immer genannt werden - egal, ob es sich um Deutsche oder Ausländer handelt. Das geht aus Plänen von NRW-Innenminister Herbert Reul hervor, die dem WDR vorliegen.

Minister will mehr Transparenz schaffen

Herbert Reul neben einem Fahrzeug der Polizei auf dem Münsterplatz in Bonn (Archivbild).

NRW-Innenminister Herbert Reul

Als ein Grund nennt Reul die Kriminalstatistik. Darin nahm die Zahl von Tätern mit Migrationshintergrund zu. Außerdem heißt es vom Innenminister, er wolle durch die Nennung der Nationalität mehr Transparenz schaffen. Es soll die Polizei aber wohl auch bei der Arbeit entlasten, denn die Presse hatte wohl immer wieder bei der Polizei nachgefragt, welche Nationalität die Tatverdächtigen haben. Für die neue Regelung muss zunächst der Medienerlass geändert werden. Nach Informationen des WDR soll die neue Regel ab Herbst gelten.

Pressekodex: Keine diskriminiernde Verallgemeinerung

Die Nennung der Nationalität ist auch im sogenannten Pressekodex für Journalisten geregelt. Darin heißt es, dass die Nationalität grundsätzlich in der Berichterstattung keine Rolle spielen darf - sondern nur, wenn sie relevant ist, um Hintergründe einer Tat zu verstehen. Die Nennung der Nationalität dürfe nicht "zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führen". Demnach seien reine Neugier oder reine Vermutungen über den Zusammenhang zwischen Zugehörigkeit eines Täters und der Tat Gründe gegen die Nennung der Herkunft. Die Polizei in anderen Bundesländern orientiert sich genau an dieser Regel.

Polizei nennt Nationalität von Tatverdächtigen

WDR Studios NRW 28.07.2024 00:58 Min. Verfügbar bis 28.07.2026 WDR Online


Frühe Kritik an geplantem Erlass

Zu dem geplanten Erlass gab es bereits vor Jahren schon Kritik. Die Befürchtung von Flüchtlingsinitiativen: Eine Nennung von Nationalitäten bestärke Vorurteile, schüre Ängste und fördere Fremdenhass. Auch der damalige NRW-Integrationsminister Stamp hatte 2019 noch vor einer pauschalen Nennung der Nationaltität gewarnt, denn eine generelle Zuordnung könne die eigentlichen Zusammenhänge wie etwa psychische und sonstige gesundheitliche Umstände relativieren, was zu falschen Schlussfolgerungen führen könne.

WDR wägt Nennung sorgfältig ab

Der WDR wägt eine Nennung der Nationalität in jedem Einzelfall sorgfältig ab. Denn: Mit der Berichterstattung sollen keine Vorurteile geschürt oder Stereotype bedient werden. Dies kann geschehen, wenn die ausländische Herkunft von Straftätern und Straftäterinnen genannt wird. Aber auch eine Nicht-Nennung kann Vorurteile fördern, etwa gegen die Medien selbst. Welche Kriterien der WDR dabei zugrunde legt, können Sie hier nachlesen:

Unsere Quellen:

  • Erlass des Innenministeriums
  • Pressekodex Deutscher Presserat
  • Flüchtlingsrat NRW
  • Stellungsnahme Förderkies Asyl Wuerselen